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Integration tut nicht weh!

Ein Gast-Blogbeitrag von Engin Alkan

Recep Tayyip Erdogan hat es geschafft. Für ihn ging Sonntagabend ein Traum in Erfüllung. In naher Zukunft wird er sein Präsidialsystem einführen, das seine Macht über viele Jahre festigen wird. Spätestens 2023, just zur 100 Jahr Feier der Republik, wird er vermutlich das erste Groß-Türkische Kalifat ausrufen, sich zum Sultan ernennen, Parteien verbieten, das Parlament auflösen und die Türkei in die Vergangenheit katapultieren. Dafür hat er auch jeden Tag hart gearbeitet. Über 16 Jahre lang. Ungeduld kann man ihm nicht vorwerfen, brutale Autorität schon. In den langen Jahren seiner Herrschaft hat er Mitbegründer und Weggefährten eliminiert, den Rechtsstaat praktisch ausgehebelt, Richter und Anwälte entlassen, Medien und Presse sind ihm wohlgesonnen, kritische Journalisten eingesperrt oder vertrieben und die Armee entmachtet.

So geht „leiser Putsch“.

Aber der Sultan steht vor großen wirtschaftspolitischen und sozialen Herausforderungen. Die Lira verliert weiterhin an Wert, der Leitzins wartet sehnsüchtig auf eine Anhebung, die (Konsum)Kredite der Türken machen einheimischen Banken zu schaffen, Inflation & Arbeitslosigkeit steigen stetig, eine Immobilienblase ist im Entstehen und ganz wichtig: Es fehlt das Geld der ausländischen Investoren.  Die Türkei ist isoliert. Ach ja, da sind auch noch die Kurden mit ihren (berechtigten) Autonomiebestrebungen und die über 2 Millionen syrischen Flüchtlinge, die keiner im Land haben möchte. Ich wünsche mir, dass RTE endlich Politik für alle Bürgerinnen und Bürger macht und nicht nur für seinesgleichen.

Was bedeutet dieses Wahlergebnis für Österreich?

In Österreich leben über 200.000 Menschen mit türkischen Wurzeln. Davon sind 106.657 wahlberechtigt, d.h. sie besitzen die türkische Staatsbürgerschaft. 51,8% haben an der Wahl teilgenommen und 72,3% von ihnen die AKP gewählt. Also 39.945 Personen (Quelle: Anadolu Ajansi, Statistik Austria). Sie kamen alle als Gastarbeiter oder im Zuge der Familienzusammenführung nach Österreich, fingen bei null an und profitieren von westlichen Errungenschaften wie z.B.: Rede- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Toleranz, 14 Gehälter/Jahr, bezahlter Urlaub, Ausbildung, Kindergeld und vieles mehr. Trotzdem haben sie mehrheitlich für ein System gestimmt, das diese Freiheiten und Leistungen nicht bieten kann.
Aus welchem Grund tun sie das? Ganz einfach: Sie wollen sich nicht integrieren. Sie wollen lieber unter sich bleiben. In türkischen Kaffeehäusern verweilen, in türkischen Supermärkten einkaufen, zu Hause türkisches Fernsehen schauen, in die Türkei auf Urlaub fahren und am Ende der Tage sich auf türkische Art bestatten lassen und auf einem türkischen Friedhof in Wien zu Grabe getragen werden. Aber für das alles brauchen sie nicht in die alte Heimat – das und vieles mehr bietet die Republik Österreich. Sehen sie worauf ich hinaus will? Obwohl es noch nie ein echtes Integrationskonzept seitens der Politik gegeben hat – übrigens ein gewaltiger Fehler – haben Österreicherinnen und Österreicher mehrheitlich ihr Bestes getan und Toleranz gezeigt, damit es den armen Menschen so gut wie möglich geht und ihnen alle Chancen gegeben damit sie ein besseres Leben aufbauen konnten. Zum Dank wurden die Hilfsbereiten als Ungläubige, Nazis und Islamophob beschimpft.

Auch das hält aber unsere aufgeklärte Gesellschaft noch aus, weil wir uns hier in Österreich von anderen Ländern gewaltig unterscheiden. Die Mehrheit der Einheimischen ist viel zu gut erzogen, als dass sie sich provozieren lassen. Gut beratene Politiker hingegen werden gelehrt, wie sie aus solchen Umständen Kapital schlagen können. Und so kommt das eine zum anderen.

Die 40.000 können wir vielleicht nicht mehr umstimmen. Konzentrieren wir uns daher auf die Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre – egal welcher Herkunft. Ghettoschulen, Deutschklassen, getrennter Religionsunterricht und was sonst noch für Absurditäten kommen werden – alles Steuergeldverschwendung und nicht nachhaltig. Die Gräben werden dadurch nur tiefer.
Ohne (emotionale) Bindung, z.B. durch Freundschaften zwischen einheimischen und „fremden“ Kindern, wird Integration schwer gelingen. Dieser triviale Kontakt verbindet zuerst zwei Menschen und schließlich dann deren Familien.
Das ZUSAMMENLEBEN ist essentiell.

Liebe AKP, CHP, MHP und HDP Wähler: nehmt euren Kindern nicht ihre Zukunft. Unterstützt sie wo es nur geht, auch wenn ihr manches nicht versteht. Ihr hattet vielleicht nicht diese Möglichkeiten, eure Kinder haben sie. Hebt ihnen die Flügel, brecht sie nicht!

Meine Botschaft an alle Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist:
In eurer Brust schlägt ein Herz für 2 Länder. Das ist ein Privileg. Zwischen zwei Kulturen leben ist das Beste und Großartigste, das euch passieren kann. Geht hinaus, verlasst eure Komfortzone und schließt Freundschaften, seid mutig. Pflegt das euch Verbindende, bannt das Trennende. Die Welt wartet auf euch.

Integration tut nicht weh! Niemals!

 

Engin Alkan, @austroGin

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