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Bürgermeistergehälter: Der Preis der Intransparenz

Brian Schmidt
Brian Schmidt

Die Regierung möchte Abstriche bei der Informationsfreiheit für die meisten Gemeinden vorsehen. Doch gerade dort wäre Transparenz bitter nötig. Wo sie fehlt, wird mit Steuergerld gern weniger sparsam umgegangen. Das zeigen etwa die Bürgermeisterbezüge im einzigen Bundesland, das diese nicht zentral offenlegt. 

Vorweg: Bürgermeister:innen haben höchst verantwortungsvolle Positionen. Sie sind Anlaufstelle für viele Sorgen in ihren Gemeinden, ihre Zuständigkeiten und auch ihr Haftungsrisiko sind umfangreich. Gerade in Kleinstgemeinden ist es oft schwer, Menschen zu finden, die diese Aufgabe übernehmen wollen. Eine ordentliche Entlohnung ist daher zweifellos angemessen. Ebenso klar ist aber auch, dass die Höhe ihres Bezugs aus Steuergeldern von öffentlichem Interesse ist. 

Vorarlberg ist das einzige österreichische Bundesland, in dem die Gehälter von Bürgermeister:innen nicht auf Landesebene fest geregelt und veröffentlicht sind. Jede Gemeinde legt diese selbst in einem vom Land vorgegebenen Rahmen per Verordnung fest. Wie der Journalist Maximilian Werner von den Vorarlberger Nachrichten herausfinden musste, sind viele dieser Verordnungen und erst recht die daraus abgeleiteten Bezüge nicht öffentlich einsehbar. In den meisten Gemeinden Vorarlbergs wusste man schlicht nicht, was der:die Bürgermeister:in eigentlich verdient.

Was passiert mit unserem Steuergeld? 

Der landesgesetzliche Rahmen sieht Bandbreiten je nach Einwohner:innenzahl vor, wobei für Tourismusgemeinden mit hohen Nächtigungszahlen Überschreitungen möglich sind. Die Vorarlberger Gehaltsbänder beginnen dabei noch unterhalb der niedrigsten Fixgehälter (jenen des Burgenlands). Doch die intransparenten Verordnungen nutzen vielerorts die luftigsten Einkommenshöhen aus. 

Die Bürgermeister:innen in Vorarlberg bekommen wesentlich höhere Gehälter als in jedem anderen Bundesland. Bei Gemeinden bis 5.000 Einwohner:innen liegt das durchschnittliche Bürgermeistergehalt bei über 6.300 Euro – somit um mehr 2.000 Euro oder 50 Prozent über dem österreichischen Durchschnitt. Zwar ist Vorarlberg ein teures Pflaster. Doch das allgemeine Einkommensniveau im Ländle liegt keine 5 Prozent über dem im Rest Österreichs und unter jenem Wiens.*

Einkommensbooster für die Bürgermeister:innen ist der Tourismus. So verdient der Ortschef von Lech (mit 1.605 Hauptwohnsitzen eine Kleingemeinde) dank hunderttausender Nächtigungen wie ein Spitzenbeamter im Bund. Das ist etwa zwei- bis dreimal so viel wie seine Kollegen aus Saalbach-Hinterglemm, dem nahen Sölden oder vom Klopeiner See. Diese können – bei deutlich mehr Einwohner:innen – sogar noch höhere Nächtigungszahlen aufweisen.

Aber auch Kleingemeinden ohne jegliche Nächtigungen gönnen ihren Bürgermeistern oft Bezüge am oberen Rand des Bezügebandes, mit Einkommen über 6.000 Euro bei Kleinstgemeinden und fast 10.000 Euro schon ab tausend Einwohnerinnen.

Vielleicht sind die Spitzenbezüge in Vorarlberg ein Erfolgsmodell und ziehen die besten Köpfe in diese wichtigen Positionen. Dann wäre es wichtig, auch transparent vorzuzeigen, wovon andere Bundesländer noch lernen können. Wenn sich aber auch nur in einigen Fällen, Spitzenverdiener aus öffentlichen Gelder hinter einer Mauer des Schweigens versteckt halten können, wird es Zeit, ein Informationsfreiheitsgesetz zu erlassen.

*Randbemerkung

Die Bezirksvorsteher:innen Wiens sind in diesem Vergleich nicht berücksichtigt. Ihre Bezüge von über 11.000 Euro liegen je nach Größe des Bezirks (Favoriten, Donaustadt und Floridsdorf wären unter den fünf größten Städten Österreichs, die Innere Stadt erst auf Platz 34) unter oder etwas über Städten in anderen Bundesländern. Die Rolle der Bezirksvorsteher:innen (oder gar deren Stellvertretungen), die selten Letztverantwortung tragen, ist nicht mit dem Amt des Bürgermeisters vergleichbar, wird aber ebenso unter dem Gesichtspunkt der Transparenz von uns Beachtung bekommen.

(Bild: Kemter/iStock)

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