Diese Kombination von fehlender Primärversorgung (Kinder- und Jugendärzte) und Schwächen im entsprechenden Fachbereich (Psychiater und Psychologen) ist gerade jetzt unheilvoll. Schon vor der Pandemie war die Versorgung bezüglich psychischer Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, gerade in ländlichen Regionen, oftmals am Rand der Kapazitäten. Umso wichtiger ist es, jetzt entschlossen zu handeln.
Die Europäische Union hat mit „NextGenerationEU“ ein Aufbauinstrument geschaffen, um die unmittelbar coronabedingten Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Hierzu müssen die Mitgliedsländer bis Ende April sogenannte Aufbau- und Resilienzpläne vorlegen. Angesichts der Evidenz sollte die Bundesregierung der psychischen Gesundheit einen wichtigen Stellenwert einräumen.
Für jene Gruppen, die derzeit einer besonderen psychischen Belastung ausgesetzt sind, braucht es ein Maßnahmenpaket, um das psychische Wohlbefinden sicherzustellen und so Symptome einer verschlechterten psychischen Gesundheit, wie Stress oder Angstzustände, zu lindern und Erkrankungen zeitnah zu behandeln. Ebenso muss die psychische Gesundheit bei Maßnahmen und Kommunikation von Covid-19-Maßnahmen verstärkt mitgedacht werden. Dies kann nur gelingen, wenn Empfehlungen erarbeitet werden, die es der Bevölkerung erlauben, ihre (psychosozialen) Bedürfnisse zu decken, auch wenn Kontaktreduktion geboten ist.
Während Covid-19 ist es zu einer verstärkten Nutzung von E-Health-Leistungen gekommen. Dies sollte zum Anlass genommen werden, E-Health-Lösungen in der psychischen Gesundheitsversorgung zu verankern. Hierbei können wir uns an Vorreitern wie den Niederlanden orientieren, die seit der Jahrtausendwende eine große Reihe von Online-Behandlungsmodulen für Erkrankungen (u. a. Depressionen, Angstzustände, oder Stress bei der Arbeit) entwickelt haben. Da bei der Entwicklung Effektivität und Kostenwirksamkeit zentrale Parameter waren, konnte ein flächendeckendes Angebot schnell entwickelt werden.
Die Schule ist ein wichtiger Ort für den Umgang mit der psychischen Gesundheit. Nicht nur, dass im Unterricht mit entsprechenden Materialien die Gesundheitskompetenzen von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden können, sie eignet sich auch sehr gut, um gesundheitliche Probleme früh zu erkennen. Dies ist wichtig, da umfangreiche Literatur zeigt, dass es gerade nachteilige Erfahrungen während der Kindheit sind, die die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen langfristig beeinflussen und Quelle von vielen psychischen Störungen sind.