Das NEOS Lab hat daher basierend auf mehreren Studien und Meta-Analysen, etwa von Christian Keuschnigg zum Finanzplatz Österreich eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet, die das Eigenkapital sowohl akut als auch langfristig stärken könnte.
Fonds soll gegen Notfälle versichern. Aus liberaler Sicht braucht es eine klare Begründung für eine fiskalische Förderung von Eigenkapital: Den Nachweis einer Marktstörung. Diese ist aktuell durch die Pandemie evident. Investoren, die sich etwa an einem Hotel beteiligen wollen, sorgen sich aktuell um den Fortschritt bei der Impfkampagne oder der verhängten Reisewarnungen. Die Pandemie ist für Investoren ein kaum versicherbares Risiko, dass sich neue Geldgeber zurückhalten, ist nachvollziehbar. Solche Probleme kann der Staat in der Krise lösen: Die Republik kann mithilfe ihrer guten Bonität einen Fonds dotieren, der privaten Beteiligungsfonds und -investoren sowie Unternehmern, die reinvestieren, einen Teil ihrer Risiken abdeckt (Analog zum VC Fonds). Das würde private Investoren anlocken (crowding in), statt Staatsbeteiligungen mit allen ihren Problemen nach sich ziehen. Im ersten Jahr könnten so etwa bis zu 50% der Verlust, und nach dem offiziellen Ende der akuten Pandemie dann sukzessive weniger Risiko übernommen werden. Der Staat würde so nicht zum Eigentümer werden, sondern privates Kapital mobilisieren, indem die akute Unsicherheit der Pandemie abgemildert wird. Dafür würde es wie üblich Haftungsentgelte geben, die mit der Haftungshöhe mit der Zeit abschmelzen. Weil die Verzinsung österreichischer Anleihen aktuell extrem gering ist, ist das insgesamt mit weniger Kosten verbunden, als wenn der Bund nun anfängt, selbst Fondsmanager und Beteiligungsmanager zu sein.
Verlustrücktrag ausweiten. Damit diejenigen, die unverschuldet in die Krise geschlittert sind, nicht von einem schlechten Jahr aus der Bahn geworfen werden, sollte der Verlustrücktrag deutlich großzügiger ausgeweitet werden als aktuell vorgesehen. Der Staat beteiligt sich in guten Jahren sehr schnell am Gewinn, er sollte sich in schlechten auch schneller am Verlust beteiligen. Die Ausweitung auf zumindest drei Jahre sowie eine Lockerung des aktuellen Deckels erlauben an sich soliden Unternehmen einen größeren Liquiditätspuffer in der aktuellen Phase.
Hilfen neu aufstellen. Der EU-Beihilfenrahmen ist in Österreich zum innenpolitischen Spielball geworden. Dabei sollte die Republik und das BMF endlich auf die Experten zugehen, die schon seit Monaten davor warnen, dass der Beihilferahmen nicht optimal ausgenutzt wird. Wir haben durch die harten Lockdowns und weitreichenden Geschäftsschließungen einen wirtschaftlichen Katastrophenfall herbeigeführt, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Wir haben aber immer noch nicht den Katastrophenparagraph bei der Kommission in Brüssel beantragt, um die Solvenz der Unternehmen zu schützen. Außerdem wird Eigenkapital in den aktuellen Hilfskonstruktionen latent benachteiligt. Ein Beispiel: Vergleicht man zwei Hoteliers, deren Unternehmen sich bis auf die Finanzierungsform gleichen, dann erhält der eine, der stets nachhaltig gewirtschaftet hat, aus dem Ersparten die Immobilie gekauft und abgezahlt hat, die Ausstattung immer im Eigentum erwirbt, viel weniger aus dem Fixkostenzuschuss, als derjenige, der nie die Immobilie kaufte und auch größere Anschaffungen nicht aus dem Cashflow bezahlte, sondern leaste. Wer Eigenkapital aufbaute, erhält weniger Unterstützung.
Schadenersatz. Dort, wo Unternehmen tatsächlich durch behördliche Schließungen kalt enteignet wurden, braucht es eine rasche Kompensation angefallener Verluste, wie es auch das Epidemiegesetz vorgesehen hat. Dieser Schadenersatz muss schnell fließen, um nicht zu unnötigen Pleiten aufgrund von Illiquidität zu führen.
Geld mobilisieren, um Kapital zu haben. Nur ein Bruchteil der Österreicher halten derzeit Aktien, weniger als 5% des Geldvermögens sind so veranlagt. Dass die österreichischen Anleger dem Finanzmarkt so viel Sicherheitsabstand entgegen bringen, ist dem Veranlagungserfolg und der Unternehmensfinanzierung abträglich. Es braucht die Umsetzung von vielen Maßnahmen parallel, um zusätzliche Milliarden Euro von privaten Spar- und Giroguthaben in die Unternehmensfinanzierung fließen zu lassen. Dazu gehören: Senkung der KESt wieder von 27,5 auf 25%, um damit die Diskriminierung von Kapitalerträgen im Vergleich zu Bankzinsen zu beenden. Einen Beteiligungsfreibetrag für Privatpersonen, die in Unternehmen investieren. Wiedereinführung einer Spekulations-Frist, wie im Reg-Programm vorgesehen ((vgl. 1119 – 2 – Mit Eigenkapital die Abwehrkräfte stärken)).
Mobilisierung von Pensionsvermögen: Wir brauchen neue Anlagerichtlinien und mehr Flexibilität für die Pensionsinvestoren, die es schon in Österreich gibt (bAV, MVK). Aber vor allem braucht es wie auch von vielen Regierungen angekündigt gerade für künftige Generationen Vehikel, die der Altersvorsorge dienen. Diese Pensionsvermögen können wie in Dänemark oder Schweden zu wichtigen strategischen Ankerinvestoren für den österreichischen, unternehmerischen Mittelstand werden.
Mezzaninkapital stärken. Die Emission von klassischem Eigenkapital wie Aktien ist langfristig angelegt und meist mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Daher gilt es auch, eine kurzfristige Alternative mit eigenkapitalähnlichen Eigenschaften zu schaffen: In Österreich ließe sich etwa das Mezzaninkapital stärken (wie etwa auch Agenda Austria hier vorschlägt): „Ähnlich dem Eigenkapital werden diese Instrumente im Falle einer Unternehmenspleite nachrangig bedient. Das führt zu einer höheren Rendite als bei Fremdkapital. Allerdings sind mit Mezzaninkapital zumeist keine Stimm- oder Mitspracherechte verbunden, was es wiederum von Eigenkapital unterscheidet. Essentiell ist, dass das Kapital als Eigenkapital bilanziert wird und somit die Robustheit der Unternehmen stärkt. Eine Form von Mezzaninkapital ist das Partizipationskapital. Durch diese Art des Kapitals kann auch der Staat die notwendigen Eigenkapitalmittel zur Verfügung stellen, ohne die erwähnten Nachteile der Staatsbeteiligung zu riskieren. Zusätzlich können sich nicht nur der Staat, sondern auch private Bürger am Unternehmen beteiligen und eine Rendite generieren. Einige Banken konnten so im Jahr 2008 erfolgreich Kapital vom Staat aufnehmen. Der Staat erhielt Gewinne, aber die Beteiligung war zeitlich begrenzt und Mitspracherechte wurden keine gewährt.“
Reorganisation und Schuldenwandlung ermöglichen. Diese Krise wird für viele Unternehmen einschneidend sein und viele werden ohne großzügige Hilfen nicht überleben. Die Gefahr einer Zombiefizierung ist allerdings groß, wenn die Schulden hoch bleiben und Unternehmen ohne Aussicht auf Investitionen weiter auf dem Markt gehalten werden. Die Reform des Insolvenzrechts könnte zum Anlass genommen werden, um die Institutionalisierung eines echten Reorganisationsverfahrens zu ermöglichen. Wir brauchen Debt-Equity-Swaps, also die Möglichkeit im Falle von Überschuldung die Wandlung von Fremd- in Eigenkapital, um die Sanierung statt der Schließung wahrscheinlicher zu machen.
Wir müssen die Rechtsformen in Österreich ins 21. Jahrhundert holen. Wir brauchen ähnlich den Luxemburger Rechtsformen Strukturen, die auch von internationalen investoren verstanden werden, um auch aus dem Ausland Geld anlocken zu können. Die GmbH ist auch eine Gesellschaftsform mit beschränkter Zugkraft im internationalen Vergleich. Und nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa, sitzen institutionelle Investoren und Kapitalgeber derzeit auf hohen liquiden Vermögen.
Steuerliche Neutralität wahren statt Eigenkapital diskriminieren. Eigenkapital ist für Unternehmer und für Unternehmen teuer. Die Eigenkapitalzinsen in den Unternehmen ebenso steuerfrei zu stellen, wie die Fremdkapitalzinsen, ist ein wichtiger Schritt, um langfristig die Finanzierungsspielräume für Unternehmen zu vergrößern.
Finanzbildung: Integration von Finanzbildung im Unterricht.
Mitarbeiterbeteiligungen forcieren. Steuerliche Anreize könnte es etwa durch eine Ausweitung des "Voest"-Modells der betrieblichen Beteiligung geben. Die steuerlichen Anreize sind allerdings das eine, eine Rechtsform zu finden, die das Interesse an der Beteiligung mit dem Interesse an der Mitsprache ausgleicht, ist jedenfalls wichtig.
Österreichischer Dachfonds. Keuschnigg schlägt vor, eine relativ rasch realisierbare Dachfondslösung nach dänischem Modell einzuführen: Dieser privat initiierten österreichischen Dachfonds (Austrian Growth Fund) soll eine staatliche Teil-Bürgschaft erhalten, um institutionelle Anleger zu mobilisieren und die Refinanzierungskosten des Dachfonds zu senken, welche dieser mit seinen Beteiligungen an die privaten Wagniskapitalfonds weitergibt. Diese investieren als Fondsmanager in Unternehmen.