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Einkommen der Pensionisten im Krisenjahr 2020 am stärksten gestiegen

Neue Daten zeigen erstmals, wie sich die Einkommen verschiedener Bevölkerungsgruppen im Vorjahr entwickelt haben. Für die Mitarbeiter in Tourismus und Gastronomie konnte die Steuerreform Einkommensverluste nicht verhindern, während die Einkommen von Pensionisten deutlich stiegen. Im Branchenvergleich konnten Mitarbeiter der Kammern das größte Plus verzeichnen. 

Von Günther Oswald

Das erste Pandemiejahr 2020 war aus ökonomischer Sicht sicher noch herausfordernder als das aktuelle Jahr. Phasenweise waren über eine Million Menschen in Kurzarbeit, Milliarden an Hilfszahlungen wurden ausgeschüttet und die erste Etappe der Steuerreform wurde vorgezogen. Der Eingangssteuersatz wurde im September rückwirkend für das gesamte Jahr 2020 von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Wie stark sich diese Verwerfungen auf die Einkommen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ausgewirkt haben, war bisher noch nicht genau bekannt. Neue Daten aus der Lohnsteuerstatistik, die diese Woche von der Statistik Austria veröffentlicht wurden, lassen nun aber erstmals detailliertere Analysen zu. 

Im NEOS Lab haben wir uns angesehen, wie sich die Einkommen für unterschiedliche Gruppen, Alterskohorten oder auch Branchen entwickelt haben. Dabei zeigt sich, dass vor allem bei den Pensionisten eine weit überdurchschnittliche Steigerung der Nettobezüge zu verzeichnen war. Konkret lag das Plus der Medianeinkommen (Median heißt, dass die Hälfte darüber liegt, die Hälfte darunter) gegenüber dem Jahr 2019 bei 8,4 Prozent. Das hat mehrere Gründe: Zum einen wurde bereits vor Corona im Herbst 2019 eine relativ kräftige Anhebung der Pensionen für das Jahr 2020 beschlossen. Kurz vor der Nationalratswahl haben sich die damaligen Regierungspartner ÖVP und FPÖ auf eine Anpassung der Pensionen bis 1111 Euro um 3,6 Prozent geeinigt. Für Pensionen zwischen 1112 und 2500 Euro gab es eine Einschleifregelung (ab 2500 Euro Monatspension lag das Plus bei 1,8 Prozent). Auch die Ausgleichszulagen wurden um 3,6 Prozent erhöht, wobei es für Personen mit langer Versicherungsdauer noch eine zusätzliche Erhöhung gab. Und schließlich wurde vor der Wahl auch wieder ein erleichterter Zugang in die Frühpension nach langer Versicherungsdauer (die die sogenannte "Hacklerregelung") beschlossen. 

Da die Pensionisten natürlich auch von der Senkung des Eingangssteuersatzes profitierten, kommt für sie das im Vergleich mit anderen Gruppen mit Abstand kräftigste Einkommensplus bei den Nettobezügen zustande. 

Das zweitgrößte Einkommensplus verzeichneten Vertragsbedienstete (plus 3,6 Prozent), vor den Beamten im Ruhestand (plus 3,3 Prozent). Letztere haben im Vergleich zu den sonstigen Pensionisten freilich ohnehin deutlich höhere Ruhensbezüge, die mit durchschnittlich 31.459 Euro sogar etwas über den Aktivbezügen eines durchschnittlichen Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin liegen. 

Am geringsten fiel das Einkommensplus im Vorjahr (gemessen an ganzjährigen Bezügen und Vollzeitbeschäftigung) bei den Angestellten aus (plus 2,2 Prozent). Ihre Nettobezüge sind also trotz Steuerentlastung im Schnitt nur geringfügig stärker als die Inflation (1,4 Prozent im Jahr 2020) gestiegen.

Einkommen im Tourismus und der Gastronomie gesunken

Der Einkommensblick auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche ist zum Teil ein Spiegelbild der Krisenbetroffenheit. In der Beherbergung und der Gastronomie sind die Nettojahreseinkommen (wieder für ganzjährig Vollzeitbeschäftigte) um 2,4 Prozent gesunken. Hier konnte die Steuerentlastung also die Einkommenseinbußen nicht vollständig kompensieren. Auch in der Kategorie "Kunst, Unterhaltung und Erholung" gab es sinkende Nettoeinkommen. 

Am anderen Ende der Skala gibt es das größte Einkommensplus (5,6 Prozent) in der Rubrik "sonstige Dienstleistungen". In dieser Kategorie sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen verbucht. Die Mitarbeiter der Kammern konnten im Krisenjahr also die höchste Steigerung der Nettoeinkommen erzielen. Auch die öffentliche Verwaltung schneidet mit 3,5 Prozent überdurchschnittlich gut ab. 

Der Standard mit einem Bericht zu unserer Auswertung.

Nach Altersgruppen

Der Vergleich nach Altersgruppen zeigt folgendes Bild: ordentlich fiel das Einkommensplus bei den ganz Jungen aus (plus 5,2 Prozent), die allerdings in absoluten Beträgen noch sehr niedrige Einkommen haben (11.683 Nettomedianeinkommen). Hier kommt wohl zum Tragen, dass im Vorjahr neben der Senkung des Eingangssteuersatzes auch eine Erhöhung der Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge um 100 Euro (von 300 auf 400 Euro) beschlossen wurde. Davon profitieren Menschen, die unter der Steuerfreigrenze liegen.

Deutlich überdurchschnittlich fällt das Einkommensplus auch noch bei den über 60-Jährigen aus. Am höchsten ist es bei den über 65-Jährigen, also jener Gruppe, die in der Regel wohl in Pension ist, aber trotzdem noch arbeitet. Freilich ist diese Gruppe klein: es handelt sich um lediglich gut 3000 Personen, die noch eine ganzjährige Vollzeitbeschäftigung haben.

Ein Text in der Krone zur Auswertung. 

Weiterführende Links

Binder-Hammer/ÖAW (2021): Wirtschaftskrisen: Junge Europäer_innen zahlen die Zeche.

Photo by Markus Winkler on Unsplash.

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