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Hochbegabung: Wie wir Talente wirklich zum Blühen bringen

Clemens Ableidinger
Clemens Ableidinger

Das österreichische Schulsystem wird meist für seine mangelnde Bildungsmobilität kritisiert. Doch auch in Sachen Begabungsförderung gibt es in Österreich noch Luft nach oben. Was man dagegen tun könnte, zeigt der aktuelle Policy Brief des NEOS Lab.

„Jedes Kind ist hochbegabt“, lautet der Titel eines vor einigen Jahren erschienenen Bestsellers. Mit Blick auf die Quoten an Hoch- und Niedrigperformern in den OECD-Staaten könnte man jedoch ernüchternd zu dem Schluss kommen, dass dem nicht so ist. So zählen laut der aktuellen PISA-Studie (2022) lediglich 10 Prozent der österreichischen Schüler:innen zu den Spitzenperformern in Mathematik, während sage und schreibe ein Viertel aller Schüler:innen sogar unterdurchschnittlich abschneidet. Kein guter Wert. Vor allem im direkten Vergleich mit Singapur, das oft als „PISA-Gewinner“ bezeichnet wird, wo 41 Prozent der Schüler:innen zum Spitzenfeld in Mathematik zählen.

Diese Ergebnisse sollten jedoch eher Ansporn als Entmutigung sein. Denn was sie auch zeigen, ist, dass Spitzenleistungen unterstützt und gefördert werden können und dass somit der eingangs erwähnte Buchtitel eine gewisse Berechtigung hat.

Begabungen und Talente sind nämlich nicht das, was man landläufig darunter versteht, nämlich Himmelsgeschenke, deren Besitzer mühelos Wunderdinge vollbringen können. Nein, sie sind – zweifellos teilweise angeborene – Potenziale, die aber ohne Förderung auch brachliegen oder verkümmern können.

Welche Förderinstrumente gibt es?

Ähnlich wie bei der Bildungsmobilität gilt auch bei der Begabungsförderung in Österreich: Sie ist nicht perfekt, aber vorhanden. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Programmen und Maßnahmen, die die Förderung von besonderen Begabungen oder Talenten zum Ziel haben, dazu zählen nicht zuletzt die Möglichkeit des Überspringens einer Schulstufe, Programme wie „SchülerInnen an die Hochschule“ sowie verschiedenste Wettbewerbe. Auch die unterschiedlichen Schwerpunkte in den BHS – sowie Schwerpunktschulen auf anderen Ebenen des Schulsystems – sind dazu geeignet, besondere Interessen und Begabungen zu unterstützen. Sie gelten daher mit Recht als das Aushängeschild des österreichischen Schulsystems.

„Maßgeschneidert“ sind viele dieser Maßnahmen jedoch nicht. Die BHS stehen grundsätzlich jeder und jedem Absolvent:in der Sekundarstufe I offen, selten werden Klassen übersprungen und „SchülerInnen an die Hochschule“ ist überhaupt wenig bekannt. Ob die bestehenden Angebote in Anspruch genommen werden, hängt nämlich davon ab, ob es eine Lehrperson gibt, der ein besonderes Interesse oder eine besondere Begabung bei einer/einem Schüler:in überhaupt auffällt. Und das ist in überfüllten Klassen, mit einem großen Anteil an Schüler:innen, die dem Unterricht kaum folgen können, ausgesprochen schwierig. Begabungsförderung hat in Österreich somit einen Flaschenhals.

Diese Abhängigkeit von den Pädagog:innen bedeutet damit nicht zuletzt, dass die Förderung von Begabung eine Art Lotterie ist. Denn das Erkennen von Hochbegabungen spielt in den Lehramtsausbildungen so gut wie keine Rolle. Zusatzausbildungen werden auf freiwilliger Basis absolviert und stellen somit eine Fleißaufgabe für die Lehrer:innen dar. Davon abgesehen, dass angesichts der vielfältigen außerdidaktischen Themen, mit denen sie im Klassenzimmer konfrontiert sind – Integrationsthemen, psychosoziale Themen, überbordende Bürokratie – ohnehin schon wenig Zeit für den Unterricht, geschweige denn Vertiefendes bleibt.

Was man tun könnte

Doch es gibt sehr wohl ein paar Dinge, die politisch gemacht werden könnten, um den Stellenwert der Begabungsförderung zu erhöhen. Dazu zählen:

  1. ein bundesweites Gesamtkonzept zur Begabungs- und Begabtenförderung,
  2. der Ausbau standardisierter, niederschwelliger Diagnoseverfahren,
  3. eine systematische Fortbildung und Qualifizierung von Pädagog:innen zur Begabungsförderung,
  4. die verbindliche Verankerung des Themas in der Lehrer:innenbildung,
  5. eine Entlastung der Lehrer:innen, um die Unterrichtsqualität zu verbessern,
  6. die soziale Öffnung von Förderangeboten (z. B. durch gezielte Ansprache benachteiligter Gruppen),
  7. eine verstärkte Kooperation zwischen Schulen, außerschulischen Förderinstitutionen und Familien.

Dann könnte es gelingen, wirklich alle Talente zum Blühen zu bringen.

(Bild: JNemchinova/iStock)

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