Überzeugte Verfechter des österreichischen Schulsystems würden an dieser Stelle wohl einige Punkte zu seiner Ehrenrettung einwenden. Zum einen, dass Österreich 2022 in Mathematik und Naturwissenschaften immer noch über dem OECD-Schnitt liegt. Zum anderen, dass der Leistungsabfall zwischen 2018 und 2022 im OECD-Schnitt deutlich stärker ist als in Österreich selbst. Man könnte also behaupten, Österreich spiele in Sachen Bildung immer noch in einer Liga mit den reichen Industriestaaten! Und all das ist auch vollkommen richtig. Dennoch kann man all diese Einwände nicht einfach so stehen lassen – denn in ihnen steckt die fatalistische Versuchung, einen simplen, doch vollkommen falschen Schluss zu ziehen. Nämlich:
„Da kann man halt nichts machen.“ Doch das Gegenteil ist der Fall.
Die Leistungsrückgänge des österreichischen Schulsystems verzeichnen wir seit zehn Jahren durchgehend. Sie sind ein negativer Trend, kein einmaliges ungünstiges Ereignis. Verpassen wir es heute gezielt gegenzusteuern, ist schon morgen mit weiteren Verschlechterungen zu rechnen. Das schadet der österreichischen Bevölkerung ebenso wie dem Wirtschaftsstandort Österreich.
Der Leistungsverlust seit 2018 ist kein Naturgesetz. Das zeigen vor allem ostasiatische Staaten: Beim PISA-Gewinner Singapur etwa gab es sogar Leistungszuwächse in Naturwissenschaften und Mathematik.