OeNB (2023): Realer Vermögensverlust durch Inflation. Pressemitteilung vom 20. Oktober 2023.
Lukas Sustala, Agenda Austria (2019): Armsparen mit der EZB. Policy Brief.
Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen (2020), Link.
Zum Weltspartag zeigt sich: Der Finanzminister schneidet auch dann mit, wenn die Kaufkraft des Ersparten dahinschmilzt. Und die Regierung bleibt säumig, die Behaltefrist wieder einzuführen, um die Altersvorsorge zu stärken.
Es passt mittlerweile wie die berühmte Faust aufs Auge, dass der Weltspartag und Halloween auf denselben Tag fallen. Denn was sich beim Sparen und Veranlagen in Österreich so tut – besser noch: nicht tut – ist zum Schaudern. Die Inflation hat die Geldvermögen in Österreich historisch stark entwertet, zeigt die Oesterreichische Nationalbank. Schätzungen des NEOS Lab zeichnen für heuer und auch nächstes Jahr keine Trendwende, wie der Standard berichtet.
Auf den ersten Blick ist an diesem Weltspartag alles anders. Die Zinsen sind seit einem Jahr auf dem Papier deutlich gestiegen. Offiziellen Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank zufolge gibt es für kurzfristig gebundene Spareinlagen bereits Zinsen von rund 3 Prozent. Das ist wesentlich mehr als noch vor zwei Jahren, als die Zinssätze in Österreich statistisch nicht von 0 zu unterscheiden waren.
Allerdings steigen die Zinsen für den Bestand an Sparbüchern und Sparkonten weit weniger rasch. Außerdem sind sie selbst bei einer Bindung über zwei Jahre unter der Inflation. Und so werden heuer und auch nächstes Jahr die Vermögen in Sparbüchern real empfindlich entwertet, zeigen unsere Berechnungen. Dafür wurden die Bestandszinsen und Geldvermögen der Haushalte nach Daten der Oesterreichischen Nationalbank herangezogen. Die folgende Grafik zeigt den realen Kaufkraftverlust (Zinsen nach Abzug der Kapitalertragsteuer minus Inflation) auf Sparbücher in Österreich. Nach zwei Jahren der absoluten Rekordentwertung (2022/23) droht auch 2024 noch immer ein Minus von 5,3 Milliarden Euro, selbst wenn die Sparbücher zur Gänze mit den höheren Zinsen im Neugeschäft verzinst sind.
Die Rechnung für eine konkrete Sparerin zeigt die reale Entwertung sehr eindrücklich. Nehmen wir an, jemand hat 10.000 Euro auf die Seite gelegt und diese im Jänner 2023, gebunden für zwei Jahre, auf ein Sparbuch gelegt. Sie hat ein sehr gutes Angebot bekommen und erhält 3 Prozent Zinsen p.a., also pro Jahr. Zum Jahresende 2024 hat sie 609 Euro an Zinserträgen erhalten, abzüglich der Kapitalertragsteuer bleiben 455 Euro übrig. Allerdings ist die Kaufkraft des Ersparten immer noch deutlich gesunken: und zwar um rund 745 Euro, weil die Teuerung über die beiden Jahre 12 Prozent beträgt.
Dass der Finanzminister an den Kapitalerträgen mitschneidet, die nicht einmal die Teuerung abdecken, könnte man ändern. Würde die Regierung auf dieses Körberlgeld mit der Inflation verzichten, also Kapitalerträge unter der Inflation steuerfrei stellen, bliebe alleine auf Sparbüchern 2023/2024 3 Milliarden Euro mehr an Kapitalerträgen übrig – das wäre eine deutliche Entlastung.
Eine noch größere Entlastung wäre allerdings woanders möglich – und nötig. Die Behaltefrist soll ja wieder eingeführt werden, das sieht auch das Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen vor. Tatsächlich hat sich die Regierung beim Thema private Vorsorge einiges vorgenommen (siehe Screenshot). Doch Papier ist geduldig, und die Regierung bei der Stärkung des Kapitalmarkts gefährlich säumig.
Die Einführung einer Behaltefrist für Wertpapiere und Fonds wäre ein wichtiger Schritt zur Stärkung der dritten Säule. Andere Länder gehen zwar wesentlich weiter und haben auch Möglichkeiten geschaffen, steuerfrei Einkommen einzuzahlen und damit vorzusorgen. Aber immerhin der Verzicht auf die laufende Besteuerung von Kursgewinnen – und damit ein massiver Einschnitt für den Zinseszinseffekt – wäre mit einer Behaltefrist vom Tisch.
Übrigens wäre die Möglichkeit für einen Generalpensionskassenvertrag, also den Zugang zur zweiten Säule für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wirklich wichtig. Österreich gehört klar in die Riege der Länder, die kaum Vermögen für die Altersvorsorge angehäuft haben (siehe Grafik). Das sorgt dafür, dass Österreichs Haushalte mit die schlechteste effektive Rendite auf ihr angespartes Vermögen aufweisen. „Armsparen“ kann man das nennen, wenn die reale Rendite aufs Kapital kaum reicht, um die Kaufkraft zu erhalten. Länder wie Dänemark, Schweden oder die Niederlande profitieren hingegen von der vernünftig konstruierten Beteiligung an den globalen Kapitalmärkten.
Sinnvollerweise sollte die nächste Regierung das Thema Vermögensaufbau möglichst breit angehen. Denn es gibt gute Gründe, die Rahmenbedingungen des „Armsparens“ in Österreich nicht so prekär zu lassen, wie sie gerade sind. Damit würde nicht zuletzt auch die Hoffnungslosigkeit bekämpft werden, die zutage tritt, wenn fast 70 Prozent der Menschen in Österreich sagen, aus eigener Leistung könne man sich kein Eigentum mehr aufbauen. Die Überzeugung, sich aus eigener Kraft Vermögen schaffen zu können, kann jedenfalls wieder gestärkt werden, wenn der Staat hier mehr zulässt als wegbesteuert.
(Bild: suwichaw/iStock)
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