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Die vier Milliarden teure Teststrategie bringt Österreich beim Impfen nicht weiter

Österreichs Pandemiemanagement ist weiter extrem ineffizient. Wir geben enorme Summen für das Testen aus, auf die Impfbereitschaft hat sich das bisher nicht positiv ausgewirkt.

Beim Testen ist Österreich fast Weltmeister. Nur Zypern führt pro 1000 Einwohner noch mehr Corona-Tests durch. Seit Beginn der Pandemie wurden mittlerweile mehr als 100 Millionen Tests durchgeführt. Statistisch gesehen wurde also jeder Einwohner und jede Einwohnerin mehr als elf Mal getestet.

Die Erfolg der heimischen Corona-Politik ist aber angesichts gerade wieder explodierender Infektionszahlen äußerst bescheiden. Ein internationaler Vergleich auf Basis der Daten von Our World in Data zeigt auch, dass jene Länder, die sehr viele Tests durchgeführt haben, in der Regel keine sehr hohe Impfquote haben. Lediglich Dänemark liegt sowohl bei den Tests als auch bei der Impfquote im vorderen Bereich. Es ist also durchaus möglich, dass ein üppiges (Gratis)-Testangebot Anreize schafft, die Impfung aufzuschieben.

Vergleich Corona-Tests und Impfquoten

Impfspitzenreiter Portugal (hier sind bereits 87 Prozent vollimmunisiert) hat weniger als ein Fünftel der Tests Österreichs durchgeführt. Aber auch Länder wie Italien, Finnland, Niederlande, Deutschland oder die Schweiz sind mit einem Bruchteil der Tests Österreichs ausgekommen.

Budgetär verursacht die österreichische Strategie enorm hohe Kosten. Eine Auswertung der bisher erfolgten Vergabeverfahren zeigt folgendes Bild: Allein die zehn größten Vergaben für Tests, Teststraßen und Labordiagnostik machen in den vergangenen zwölf Monaten mehr als vier Milliarden Euro aus – so wie die Salzburger Nachrichten bereits berichtet haben.

Die zehn größten Aufträge rund ums Testen

Die Bundesbeschaffungsagentur arbeitet hier mit gewaltigen Rahmenvereinbarungen, über die dann teils dutzende Lieferanten ihre Tests verkaufen können. Allein der letzte Großauftrag im August hatte ein Volumen von 1,95 Milliarden Euro. Lieferant in diesem Auftrag ist beispielsweise auch Lifebrain, das in Wien seit dem Frühjahr die Tests für "Alles gurgelt" auswertet.

Um welche Dimensionen es sich dabei handelt, zeigt ein Vergleich mit Deutschland. Laut dem deutschen Bundesamt für soziale Sicherheit wurden im knapp zehn Mal größeren Nachbarland mit Stand 15. Oktober 5,7 Milliarden Euro für Corona-Tests ausgegeben.

Da mittlerweile allen Bürgern ein Impfangebot zur Verfügung steht, wurde das kostenlose Testangebot in Deutschland mit 11. Oktober beendet. Unumstritten ist die Entscheidung aber auch dort nicht. Angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen ist ein teilweises Zurück zu Gratis-Tests im Gespräch. Voraussichtlich wird es die Möglichkeit geben, zumindest einen kostenlosen Test pro Woche machen zu können (Zeit.de).

Nicht zuletzt wegen der großen Volumina in Österreich sorgen die Vergabeverfahren auch für Rechtsstreitigkeiten. So ist gerade die Vergabe der Abwicklung der PCR-Tests an Schulen gerichtsanhängig. Im Oktober wurde wieder Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht (ORF.at), schon gegen die ursprüngliche Ausschreibung war Lifebrain vorgegangen. Derzeit werden die PCR-Tests an Schulen von drei Unternehmen durchgeführt: Novogenia (in Nieder- und Oberösterreich), Covid Fighters (Wiener Volks- und Sonderschulen) und eben Lifebrain (sonstige Wiener Schulen). 

Laut dem Gesundheitsministerium wurden bis Ende August bereits gut 151 Millionen Euro für anterio-nasale Antigentests aufgewendet.  Auch im nächstjährigen Bildungsbudget, das gerade im Parlament diskutiert wird, sind 238 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Covid-Schutzmaßnahmen vorgesehen.

Die Öffentlichkeit versucht die Regierung über diverse Informationskampagnen von der Sinnhaftigkeit ihrer Corona-Politik zu überzeugen. Laut offene Vergaben wurde zuletzt Phase 26 der "Aufklärungskampagne" abgewickelt. Insgesamt liegt das Volumen alle Kampagnen bei gut 24 Millionen Euro.

 

Titelbild von © JC Gellidon

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