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„Wahldemokratie“ – wie Korruption die Demokratie in Österreich beschädigt

Vor wenigen Wochen haben schwedische Wissenschafter_innen Österreich von einer liberalen Demokratie zu einer Wahldemokratie herabgestuft. Dies liegt nicht zuletzt an mangelnder Transparenz und Korruptionsvorwürfen, wie die aktuelle Inseraten-Affäre der Vorarlberger Volkspartei zeigt. Ein Beitrag von Dieter Feierabend

Photo by Beatriz Miller on Unsplash.com

Der russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine und den damit verbundenen Folgen, wie beispielsweise erhöhte Energiepreise und eine galoppierende Inflation sorgen dafür, dass viele politische Themen derzeit wenig Aufmerksamkeit bekommen. Eine unrühmliche Ausnahme hierbei sind Korruption, Günstlingswirtschaft und Postenschacher. Neben dem derzeit laufenden ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, ist Vorarlberg, genauer gesagt die Machenschaften des hiesigen Wirtschaftsbundes, in den Schlagzeilen. Im Rahmen einer Finanzprüfung hat der Vorarlberger Wirtschaftsbund Selbstanzeige erstattet. Seitdem ist das Image des "sauberen" Ländle massiv beschädigt und die Oppositionsparteien FPÖ, SPÖ und NEOS fordern den Rücktritt von Landeshauptmann Wallner.

Diese Serie an Skandalen hinterlässt Spuren. Im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International, der auf Basis von Expert_inneninterviews und öffentlichen Befragungen die wahrgenommene Korruption misst, liegt Österreich hinter vielen Europäischen Staaten und wurde zuletzt deutlich korrupter wahrgenommen.

Wie sauber Österreich wirklich ist

Doch auch die Demokratie nimmt Schaden. Vor wenigen Tagen erschien der diesjährige Demokratiebericht des Varieties of Democracy Instituts der schwedischen Universität Göteborg. Die schwedischen Wissenschafter_innen stuften Österreich von einer „liberalen Demokratie“ zu einer „Wahldemokratie“ ab und begründeten dies unter anderem mit mangelnder Transparenz. Unter Wahldemokratien verstehen die Autor_innen des Berichts, dass Wahlen zwar frei und fair stattfinden, davon abgesehen aber einige demokratische Schwachpunkte vorliegen. Mangelhafte Transparenz, wie im Falle Österreichs, ist auch ein wesentlicher Nährboden für korruptes Verhalten. Wie Österreich in die Top 10 der "saubersten" Länder aufsteigt, hat das NEOS Lab in dieser Publikation ausgeführt. Neben dem derzeit in Verhandlung stehenden Parteienfinanzierungsgesetz benötigt es auch ein Informationsfreiheitsgesetz, eine Aufwertung der Kontrollrechte der Rechnungshöfe und eine Senkung der Ausgaben für öffentliche Inserate. Hätte die öffentliche Hand bessere Governance-Strukturen, hätte sich in Vorarlberg niemals eine "Tradition" bilden können, in der Parteiorganisationen (Wirtschaftsbund) einem Regierungsmitglied Sachgüter (z.B. Kaffee und Kuchen) finanzieren. 

Proponent_innen aus Justiz, Wissenschaft und ehemalige Politiker_innen haben im Frühjahr 2021 ein Volksbegehren, das „Antikorruptionsbegehren“ lanciert, dessen Einschreibewoche vom 2.-9. Mai läuft. Die Ziele beschreiben die Proponent_innen wie folgt: 

„Wir sind Bürgerinnen und Bürger, die sich seit vielen Jahren mit der im Land grassierenden Korruption sowie einer zunehmend fragwürdigen politischen Kultur beschäftigen. Unzählige neue Fälle von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben. Wir wollen nicht länger zusehen und starten daher dieses Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren.“

Event-Tipp mit Irmgard Griss

Angesichts der Ereignisse sind die Forderungen aktueller denn je. Wie Österreich zu einem transparenten und „sauberen“ Land wird, wie der Rechtsstaat und die liberale Demokratie gestärkt werden können und ob die aktuellen Ereignisse um den Vorarlberger Wirtschaftsbund und die ÖVP System haben, diskutieren Irmgard Griss, Indra Collini und Michael Ikrath mit NEOS Lab Direktor Lukas Sustala am 04. Mai um 18:00 Uhr im NEOS Lab. Zu der Veranstaltung kann man sich hier anmelden: 

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