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Zwangslizenzen und eine Aufhebung des Impschutzes lösen nur einen Teil des Problems

Irmgard Griss sieht die politische Forderung nach einer Beseitigung des Patentschutzes für Covid-Impfstoffe mit Skepsis.

Soll der Patentschutz für Covid-19-Impfstoffe und Medikamente aufgehoben werden? Eine politische Forderung, die von der Pharmaindustrie abgelehnt wird. Die Forderung klingt zwar einleuchtend. Aber ist das die Lösung, um ausreichend Impfstoffe und Medikamente zur Verfügung zu haben? Sicher scheint, dass nur dank weltweiter Impfung ein halbwegs normales Leben möglich sein wird. Das Virus wird nicht verschwinden, und wir werden auch in Zukunft Impfungen und Medikamente brauchen.

Wie kann sichergestellt werden, dass genug davon hergestellt wird? Dazu braucht es Produktionsanlagen, technisches Know-how und Rohstoffe, aber auch die Erlaubnis der Patentinhaber. Sie allein sind berechtigt, das geschützte Verfahren anzuwenden. Durch das auf 20 Jahre befristete Exklusivrecht wird erreicht, dass sich Investitionen in Forschung und Entwicklung lohnen und Erfindungen nicht geheim gehalten werden. Der Patentinhaber muss offenlegen, wie seine Erfindung funktioniert, sodass auch andere das Verfahren anwenden können. Die Berechtigung dazu gewährt der Patentinhaber regelmäßig gegen Entgelt. Ist er dazu nicht bereit, liegt es aber, wie bei der Bekämpfung von Covid-19, im öffentlichen Interesse, dass mehr Impfstoffe hergestellt werden, kann der Patentinhaber verpflichtet werden, die Lizenz zu erteilen.

"Es muss sichergestellt sein, dass Impfstoffe und Medikamente in der notwendigen Qualität hergestellt werden. Das scheint eine wesentlich größere Hürde zu sein als der Patentschutz."

Auch eine Zwangslizenz gibt es nur gegen Entgelt. Sie führt aber dazu, dass mehr erzeugt wird, was sich auf die Preise auswirken und damit die Mittel der Pharmaunternehmen für Forschung und Entwicklung und auch ihre Gewinne schmälern kann. Dass aber der Patentschutz als Ganzes damit infrage gestellt wäre, ist weit hergeholt. Genauso weit hergeholt scheint auch die Hoffnung, mit Zwangslizenzen alle Probleme zu lösen. Unabhängig davon muss ja sichergestellt sein, dass Impfstoffe und Medikamente in der notwendigen Qualität hergestellt werden. Das scheint eine wesentlich größere Hürde zu sein als der Patentschutz. Die Forderung nach Aufhebung des Patentschutzes mag zwar gut klingen, löst aber wohl nur einen Teil des Problems.

Irmgard Griss war Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und Abgeordnete zum Nationalrat der NEOS.

Dieser Kommentar erschien am 11. Mai 2021 in der Kleine Zeitung.

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