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175 Jahre 1848: Liberale Demokratie ist nicht selbstverständlich

Am 21. Mai fand die Buchpräsentation des Bandes „175 Jahre 1848: Liberalismus in Wien von 1848 bis heute“ statt. Wissenschaftliche Beiträge beschäftigen sich mit der liberalen Geschichte in Österreich sowie mit Herausforderungen an Liberalismus und Demokratie heute. 

Wie aktuell ist ein Gedenkjahr, das mittlerweile schon zwei Jahre zurückliegt? Sehr – wenn es um die Revolution von 1848 und ihr liberales Erbe geht. Letzte Woche präsentierten wir im NEOS Lab den Band „175 Jahre 1848. Liberalismus in Wien von 1848 bis heute“, herausgegeben von Christoph Wiederkehr und Clemens Ableidinger, Senior Researcher am NEOS Lab. Der Sammelband erinnert an ein weitgehend übersehenes Kapitel der österreichischen Geschichte mit großer politischer Relevanz. 

Im Zentrum des Abends stand nicht nur das Buch selbst, das Beiträge prominenter Wissenschaftler:innen und Wegbegleiter:innen zur Geschichte und Aktualität des Liberalismus in Österreich vereint, sondern auch die Frage: Welche Lehren ziehen wir heute aus 1848 – für unsere Demokratie, unsere Institutionen, unseren Umgang mit Freiheit? 

Demokratie mit Schieflage

Als Diskutant:innen begrüßten wir dazu die Politikwissenschaftlerin Tamara Ehs, den Historiker Oskar Mulej und den früheren Verteidigungsminister und Mitbegründer des Liberalen Forums, Friedhelm Frischenschlager. Das Podium vereinte damit historische Expertise mit Erfahrungen aus erster Hand sowie persönlichen Perspektiven auf die Entwicklung liberaler Politik in Österreich. 

Podium mit Clemens Ableidinger, Oskar Mulej, Friedhelm Frischenschlager und Tamara Ehs

Clemens Ableidinger, Oskar Mulej, Friedhelm Frischenschlager, Tamara Ehs

Tamara Ehs kontrastierte in ihrem Vortrag die strukturellen Defizite demokratischer Teilhabe im Jahr 1848 und heute. Die meisten 1848er traten zwar für eine Expansion politischer Entscheidungsmöglichkeiten ein, hielten aber an einer Exklusivität des Wahlrechts, das sich an den Parametern Besitz, Bildung und Geschlecht orientierte, fest. Heute wiederum zeige sich eine demokratische Schieflage dadurch, dass große Teile der Wohnbevölkerung Wiens aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft über kein Wahlrecht verfügen und damit politisch nicht vertreten sind, was mittel- und langfristig zu einer Legitimationskrise führe. 

Liberale Ideen ohne Heimat

Die anschließende Podiumsdiskussion drehte sich nicht zuletzt um die Transformation des Liberalismusbegriffs und die Herausforderungen, vor denen die liberale Demokratie steht. Oskar Mulej – Experte für die Geschichte des (National-)Liberalismus in den posthabsburgischen Staaten – wies auf die unterschiedlichen Kontinuitätsgeschichten in den Nachfolgestaaten der Monarchie hin, die jedoch eine Ähnlichkeit aufwiesen: nämlich ein auffälliges Vermeiden des Etiketts „liberal“ jener politischer Parteien, die in seiner Tradition standen. Friedhelm Frischenschlager erinnerte an die intellektuelle Kraft des Liberalismus – und an seinen schwierigen Stand in der Zweiten Republik, als liberale Ideen in der politischen Mitte lange keine Heimat fanden.

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Vielfältiges liberales Erbe

Sammelband und Buchpräsentation brachten wissenschaftliche Analysen, historische Rückblicke und persönliche Zugänge zusammen. In beidem konnten wir zeigen, wie vielfältig das liberale Erbe von 1848 ist und dass das politische System Österreichs sowie seine Parteien stark davon geprägt sind. Die Beschäftigung mit der „liberalen“ oder „bürgerlichen Revolution“ zeigt vor allem auch eines: Die liberale Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss immer wieder erkämpft, erneuert und verteidigt werden. 

Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden für die anregende Diskussion – und beim Publikum für das große Interesse. Die Revolution mag 177 Jahre zurückliegen. Ihre Fragen sind aktueller denn je.

(Fotos: Ina Holzknecht)

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