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5 Gründe, warum die Lohnverhandlungen heuer so schwierig sind

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Die Metaller eröffnen den „heißen Herbst“ traditionellerweise mit ihren Kollektivvertragsverhandlungen. Ausgehend von einer Inflationsrate von 9,6 Prozent haben die Gewerkschaften nun ihre Forderung nach einer Lohnerhöhung von 11,6 Prozent auf den Tisch gelegt. So traditionell der Ablauf auch ist, so ungewöhnlich schwierig ist die Situation rund um die wichtigen KV-Verhandlungen heuer. 5 Gründe, warum es heuer kompliziert wird, zu einer Einigung zu kommen. 

1. Die höchste Inflation in Jahrzehnten

Verhandlungsbasis für die Kollektivvertragsparteien ist traditionell die „rollierende Inflation“, also die durchschnittliche Teuerungsrate in den vergangenen zwölf Monaten. Ein rascher Blick in die Daten zeigt: Sie ist in den vergangenen Monaten auf den höchsten Stand seit 1953 gestiegen. Das gibt schon einmal die Richtung für die Lohnverhandlungen vor. Auch das WIFO-Dashboard für die Lohnverhandlungen zeigt: Diese Verhandlung startet mit einer außergewöhnlich hohen Messlatte. 

2. Die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale ist real

Die Löhne folgen den Preisen. Und zugleich haben die Lohnerhöhungen in einer zweiten Runde dann wieder Folgen für die Preise. Denn die Lohnkosten sind natürlich, gerade in den Dienstleistungenbranchen, wichtige Inputs für die Unternehmen. Zwölf Prozent höhere Lohnkosten werden natürlich auch die Kalkulation der Betriebe verändern. Die Oesterreichische Nationalbank etwa simulierte zuletzt, dass eine Lohnerhöhung um einen Prozentpunkt mit der Zeit die Preise um 0,3 Prozentpunkte erhöht. So gerechnet würde also eine branchenübergreifende Lohnsteigerung um 9,6 Prozent die Preise um rund 3,2 Prozentpunkte erhöhen. Tatsächlich schreiben Ökonomen der OeNB: „Im zweiten Quartal 2023 waren die Löhne – genauer die Lohnstückkosten – der bedeutendste Inflationstreiber. Bis Ende 2024 ist eine anhaltend hohe Rolle der Löhne für die Inflation zu erwarten.“

Auf den ersten Blick kann die Politik daran nichts ändern. Ihr ist die Inflation entglitten. Also Pech gehabt?

Ganz so aussichtslos ist die Sache aber nicht. So kann die Steuerpolitik gegensteuern. Denn eine Senkung der Lohnnebenkosten, um die Lohnkosten und damit den Preisauftrieb zu reduzieren, ohne die Kaufkraft zu schmälern, ist in der aktuellen Situation durchaus möglich. Es war auch eine der Empfehlungen der Wirtschaftsforscher:innen von WIFO und IHS im Vorjahr, um den Preisauftrieb besser in den Griff zu bekommen. Und die Spielräume wären signifikant: Wenn die Lohnnebenkosten in Richtung des OECD-Schnitts um rund 6,5 Prozentpunkte gesenkt würden, gäbe es für einen durchschnittlichen Arbeiter in der Metallbranche Verhandlungsspielraum in Höhe von 3.688 Euro. Um diesen Betrag könnten die Bruttolöhne steigen, ohne die Lohnkosten zu steigern.

3. Der Standort ist unter Druck

Die Lohnnebenkosten zu senken, hätte übrigens noch einen zweiten, positiven Effekt. So könnte eine beherzte Steuersenkung zusammen mit einem glaubwürdigen Reformpaket eine wichtige Weichenstellung für den Wirtschaftsstandort sein. Denn der ist in den vergangenen Jahren durchaus stark unter Druck gekommen. Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica im Auftrag des NEOS Lab hat gezeigt, dass Österreich deutlich unter Druck gekommen ist, weil andere Länder die vergangenen Jahre für Reformen genutzt haben. 

4. Ein Abschluss unter den Pensionen wäre ungerecht

Die Regierung hat den Spielraum für die heurigen KV-Verhandlungen auch dadurch eingeschränkt, dass sie die Pensionen bereits mit einem Satz von 9,7 Prozent angepasst hat. So sieht es jedenfalls der Ministerratsvortrag vor. Und wie WIFO-Chef Gabriel Felbermayr richtig festhält, wäre es den arbeitenden Menschen nur schwer zu vermitteln, warum ihre Gehaltsanpassung unter der Anpassung der Pensionen liegen würde. Schließlich werden in einem Umlageverfahren die Pensionen der aktuellen Pensionistengeneration von den Personen in der Erwerbsbevölkerung finanziert. Der Abschluss für die Pensionistinnen und Pensionisten stellt damit auch so etwas für eine Richtschnur der Fairness dar, die für die Lohnverhandler von der Regierung gespannt wurde. 

Aber gleichzeitig ist das natürlich eine Ansage. Denn einem Durchschnittsverdiener bleiben in Österreich von einer Lohnerhöhung weniger als 50 Prozent übrig. Zahlt ein Arbeitgeber insgesamt 300 Euro höhere Lohnkosten, bleiben in Österreich nur 121 Euro netto bei den Arbeitnehmer:innen übrig. In Schweden sind es hingegen mehr als 200 Euro. 

5. Österreich hat die Überinflation nicht in den Griff bekommen

Ein hoher Lohnabschluss ohne eine begleitende Lohnnebenkostensenkung wird Österreich perspektivisch vor allem vor ein Problem stellen: anhaltend hohe „Überinflation“. Tatsächlich ist der Inflationsaufschlag Österreichs gegenüber dem Euroraum mit 2,2 Prozentpunkten immer noch höher als das Inflationsziel der EZB. Österreich hat die höchste Inflationsrate in der Eurozone. Das liegt nicht zuletzt an den Energiekosten, die trotz starker Preisrückgänge an den Finanzmärkten für Endkund:innen in Österreich immer noch sehr hoch sind. 

Will die Regierung also vom Inflationsberg herunterkommen, ist Kreativität angesagt: Lohnnebenkostensenkungen, um die Zweitrundeneffekte von logischerweise hohen Lohnabschlüssen klein zu halten. Eine Standortstrategie, um Investitionen nach Österreich zu locken. Nachhaltige Steuersenkungen statt Konsumgutscheine, die die Inflation noch einmal treiben. Senkung bei den Staatsausgaben dort, wo es ohnedies gerade zu viel Nachfrage gibt. 

Es gibt eben mindestens auch fünf gute Gründe, warum die Inflation rasch gesenkt werden muss.

(Bild: industryview, iStock)

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