Inzwischen hat die neu eröffnete Beitrittsperspektive für die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien auch dem seit Jahren stockenden Erweiterungsprozess der Westbalkanstaaten neuen Schwung verliehen. Mit der Gleichzeitigkeit von Krieg, Geopolitik, EU-Integration und multiplen Krisen befindet sich Europa in der komplexesten Situation seit dem Kalten Krieg, allerdings ohne entsprechende militärische Ausrüstung bzw. politische Kapazität. Die NATO fungiert zwar als klares Rückgrat der europäischen Verteidigungsarchitektur gegenüber Russland, auch für jene Länder, die keine NATO-Mitglieder sind und trotzdem von dieser Allianz profitieren. Wie lange dieser Zustand noch anhalten kann, bleibt allerdings unklar, insbesondere mit Blick auf globale Mächteverschiebungen bzw. die sich zuspitzenden geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China. Eine neue, vor allem gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik erscheint notwendiger denn je. Drei Ziele gilt es aus heutiger Sicht zu erreichen:
- ein sicherheitspolitisches Gleichgewicht zu schaffen, in dem eine Eskalation mit Russland vermieden wird,
- den Krieg in der Ukraine nicht nur als einen Krieg um die Ukraine zu sehen, sondern das Bewusstsein für dessen Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa, weiters auf liberale Werte und schließlich auf die liberale Demokratie zu schärfen,
- ein nachhaltiges Sicherheitsumfeld zu etablieren, um im gemeinsamen Europa durch Integration und Erweiterung letztlich anzukommen wie auch das Friedensprojekt Europa langfristig zu vollenden.