Jetzt ist schon wieder was passiert in Europas Demokratien:
Anfang Mai wählte Frankreich Emmanuel Macron zum Präsidenten. Gestern haben die Franzosen seiner Partei, La République En Marche, mit 350 der 577 Sitze auch eine absolute Mehrheit im Parlament verschafft.
Das muss man sich einmal vorstellen: wer dieses Ergebnis noch vor einem halben Jahr so vorausgesagt hätte, wäre wohl für verrückt erklärt worden. Als Minister trat Macron von seinem Amt zurück, erklärte seine Präsidentschaftskandidatur, und gründete eine ganz neue Bewegung. Und das alles nur ein Jahr vor der Wahl.
Damit ist En Marche das bisher erfolgreichste politische Startup Europas des 21. Jahrhunderts. Gemeinsam kämpfen diese Bewegungen gegen die Verkrustung in den Systemen, und erfinden das politische Zentrum Europas neu: Ciudadanos in Spanien, Nowoczesna in Polen, NEOS in Österreich, oder seit Kurzem auch Momentum in Ungarn.
Auf der anderen Seite sehen die Altparteien links und rechts immer mehr aus wie Kolosse auf tönernen Füßen. Insbesondere der Zusammenbruch der Sozialisten sollte der Linken Europas einmal mehr zu denken geben, denn mit Ausnahme Großbritanniens (samt seiner spezifischen Konstellation) setzt sich damit ein Trend der letzten Jahre fort.
Aber Macron bringt noch mehr Erneuerung in Frankreichs politisches System, wie Politico.eu zu berichten weiß: La République En Marche wird einen Anteil von 50% Frauen im Parlament haben, und im Schnitt 10 Jahre jüngere Mandatsträger_innen, von denen viele auch tatsächlich neue Köpfe sind.
Ein Wermutstropfen ist sicherlich die weiter gesunkene Wahlbeteiligung. Hier bleibt abzuwarten, ob Macron und En Marche diese sehr bedenkliche Entwicklung umkehren können.
Das wird nicht zuletzt davon abhängen, ob Macron jetzt liefern kann – denn die Erwartungen sind sehr hoch. Die angekündigte Arbeitsmarktreform will er etwa noch vor dem Sommer durchbringen.