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Warum braucht es eine Rede an die Freiheit?

„Der Sinn von Politik ist Freiheit.“ In diesen Worten der politischen Denkerin Hannah Arendt steckt das Ursprüngliche, die Essenz der demokratischen Arbeit.

Ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess

Es geht um nichts weniger als Freiheit. Persönliche Freiheit, Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Glaubens- und Gewissensfreiheit – diese Grundrechte sind Facetten unseres Zusammenlebens in einer liberalen Demokratie. Doch warum braucht es eigentlich eine Rede an die Freiheit des NEOS Lab in einem ohnehin freien Land? 

Nun, die Freiheit ist unter Druck, und Politik als der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben, von einer lange unbekannten Polarisierung geprägt. Was aktuell selbstverständlich ist, muss nicht zwangsläufig so bleiben, wie sich weltweit zeigt. Wir leben nicht in einem Automatismus der Freiheitserhaltung. 

Man muss sich deshalb bewusst machen, dass Demokratie und Freiheit sich wesentlich durch einen fortlaufenden gesellschaftlichen Aushandlungsprozess auszeichnen. Uneinigkeit mit dem Willen zur Kompromissfindung gehört zu diesem vielstimmigen Diskurs des gemeinsamen Aushandelns. 

Wie privilegiert und nicht selbstverständlich das Leben unter solchen Voraussetzungen ist, zeigt sich in einer simplen Betrachtung: Weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in einem demokratischen System. Parallel dazu gibt es nicht nur funktionierende demokratische Systeme, sondern auch sogenannte defizitäre Demokratien. Ein Blick nach Ungarn genügt, um zu veranschaulichen, dass Demokratie nicht gleich Demokratie und Freiheit nicht gleich Freiheit ist. Insofern lohnt es immer, sich die grundsätzliche Frage zu stellen: Wie steht es um die freie Gesellschaft? 

Krieg auf europäischem Boden und mögliche Nachahmungseffekte

Zudem herrscht wieder Krieg in Europa – ein Zustand, der die Lebensrealität vieler Menschen innerhalb und außerhalb der Ukraine erschüttert und beunruhigt. Nicht ohne Grund wird immer wieder betont, dass in der Ukraine die europäischen Werte, die westliche Lebensweise und letztlich die Freiheit der Demokratie auf eine harte Prüfung gestellt werden.

Putins imperialistische Machtpolitik ist eine augenöffnende Herausforderung für Europas Demokratien. Gleichzeitig blickt die Welt mit verschiedenen Erwartungen auf den Ausgang dieses verbrecherischen Angriffskriegs. Geopolitische Nachahmungseffekte, die mitunter auf die Situation zwischen China und Taiwan übergreifen könnten, müssen bedacht werden. Auch geoökonomische Abhängigkeiten müssen politisch neu bewertet und realitätsgeleitete Strategien für die Zukunft erarbeitet werden. Die Herausforderungen der Zeit sind schlichtweg zu groß für eine naive Außen- und Sicherheitspolitik.

Österreichische Demokratie vor großen Herausforderungen

In Österreich lassen sich schon seit längerem problematische Tendenzen erkennen. Rechtspopulist:innen schlagen politischen Profit aus krisenhaften Zeiten – egal ob Pandemie oder Krieg. Linkspopulist:innen negieren die Erfolge sozialer Marktwirtschaft und inszenieren angesichts der Inflation neue Kämpfe. Dabei wäre es gerade in heiklen Situationen wichtig, differenzierte und kluge Entscheidungen zu treffen, die Bevölkerung zu informieren und insgesamt Resilienz zur zentralen gemeinsamen Aufgabe zu machen.

Politik sorgt aber in Österreich zu oft anders für Aufmerksamkeit, etwa durch Korruptionsvorfälle, undurchsichtige Abstimmungsverfahren und Postenkorruption. Dadurch wird das Vertrauen in Institutionen insgesamt geschwächt und ein Klima der Unsicherheit verstärkt.

Die Leidtragenden sind wir alle – nicht nur als Individuen mit eigenen Vorstellungen der eigenen Lebensgestaltung, sondern darüber hinaus auch als offene Gesellschaft.

Das hat auch der Freiheitsindex von NEOS Lab mit dem Meinungsforschungsinstitut Sora gezeigt. Alljährlich wird darin das Freiheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung ermittelt. 2022 hat sich das Freiheitsgefühl trotz der Entspannung der Pandemie nicht wirklich verbessert: Korruptionsaffären, die Teuerung und die Unsicherheit wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine haben das Freiheitsgefühl 2022 gedämpft.

Den Krisen zum Trotz

Trotz der schlechten Freiheitsbilanz gibt es genügend Gründe, um den großen Fragen der Zeit mit Entschlossenheit und Zukunftsoptimismus zu begegnen. Noch ist die Ukraine nicht erobert, noch ist kein Handelskrieg mit China ausgebrochen, noch können wir auf ein starkes transatlantisches Bündnis zählen, noch können Klimaziele erreicht werden, und noch immer liegt es in unser aller Hände, wie die Zukunft politisch ausgestaltet wird. Bei allen Krisen lohnt sich ein Erinnern an den Sinn des Politischen. Anstatt sich verdrossen abzuwenden, könnte ein neues demokratisches Bewusstsein gestiftet werden. Krisen waren im historischen Rückblick immer wieder auch Momente des Aufbruchs, der Krise zum Trotz! Substanzielle Errungenschaften des Fortschritts lassen sich auf Irritationen zurückführen. In diesem Sinne kann die kluge Betrachtung eines Problems auch immer der erste Schritt zur nachhaltigen Lösung sein. Und daher veranstaltet das NEOS Lab jedes Jahr eine Rede an die Freiheit.

(Foto: PhotoMIX-Company / pixabay.com)

Weiterführende Info

Rede an die Freiheit 2022

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