Vertrauen
In einer Demokratie ist Vertrauen in Institutionen wie Parlament oder Justiz von elementarer Bedeutung. Ohne sie kann weder Rechtsstaatlichkeit, noch der Schutz von Freiheiten gewährleistet werden. Österreich gehört zu jenen Ländern in Europa, in denen die Bevölkerung den Institutionen besonders stark vertraut. Gleichzeitig sehen wir bei einer langfristigen Betrachtung, dass in vielen Staaten Vertrauen zurückgegangen ist:
So banal es auch klingen mag, aber Vertrauen ist ein Ver- und kein Gebrauchsgut. Gerade die Wirtschaftskrise 2008/2009 zeigt, dass Regierungen in Krisensituationen auch Vertrauen verlieren können. Ein Naturgesetz, das in Krisensituationen Institutionen und Regierungen profitieren gibt es also nicht. Gerade in Fragen der öffentlichen Gesundheit zeigt sich, dass Vertrauen in Institutionen besonders davon abhängt, wie Verantwortung von den politisch Verantwortlichen gelebt wird.
Verantwortung in der Politik
Missinformation bzw. "Fake News" in gesundheitspolitischen Fragestellungen sind kein neues Phänomen. Problematisch, gerade wenn es um die Gesundheit geht ist, dass Personen, sobald sie Falschinformationen für glaubwürdig erachten, nur sehr schwer davon zu überzeugen sind, diese Meinungen bzw. Verhaltensweisen wieder zu ändern. Studien belegen, dass Vertrauen in Regierungen und dem Gesundheitssystem eine Auswirkung darauf haben, ob Menschen Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen, die Anweisungen für Medikamenteneinnahme einhalten und sich an Vorsichtsmaßnahmen gegen Krankheiten während Epidemien halten.
Studien die während des Ebola Ausbruchs 2018/2019 in Kongo durchgeführt wurden zeigen, dass der Glaube an Fehlinformationen war weit verbreitet war. Viele Studienteilnehmer_innen glaubten, dass der Ebola Ausbruch nicht real war. Ein geringes institutionelles Vertrauen und der Glaube an Fehlinformationen waren mit einer verringerten Wahrscheinlichkeit verbunden, das vorbeugende Verhaltensweisen durchgeführt wurden, einschließlich der Akzeptanz von Ebola-Impfstoffen. Wer an dieser Stelle der Meinung ist, dies sei ein Problem von afrikanischen Staaten und sei in westlichen Ländern undenkbar, möge sich hier durchlesen, wie kanadische Studierende und Universitätsmitarbeiter 2003 während eines Ausbruchs eines SARS-Coronavirus reagiert haben.
Wir sehen sowohl wenn es um Annahme und Teilen von Falschinformationen, als auch bei der Frage ob und wie gesundheitspolitische Maßnahmen von einzelnen angenommen werden, spielt Verhalten von und Vertrauen in politische Akteure eine wesentliche Rolle. Umso unverständlicher ist es, wenn wir uns ansehen wie in Tirol das offensichtliche Missmanagement in der Anfangszeit schlichtweg geleugnet wird. Das Tage, bevor die ersten Ausgangssperren von der Bundesregierung bekanntgegeben wurden, diverse Gerüchte im Umlauf waren und diese von jenen Personen abgestritten wurden, die Tage später genau diese Maßnahmen verkündet haben, ist ebenso wenig vertrauenerweckend.
Noch haben die handelnden Regierungspolitiker_innen mehrheitlich das Vertrauen der Bevöklerung für einschneidene Maßnahmen. Angesichts der Evidenz wäre es umso wichtiger, die Vorgänge in Tirol offen anzusprechen, klar zu kommunizieren und für alle zukünftigen Maßnahmen, die massiv die Freiheitsrechte der Bürger_innen beschneiden, zeitliche Befristungen zu setzen.
Dieser Vertrauensverlust, auch von nicht staatlichen Institutionen wie Medien, wird oftmals auch als einer der Gründe genannt, für das Erstarken des (Rechts-)Populismus bzw. von Fake News in Demokratien auf der ganzen Welt. Wenn nun, in einer Krisensituation wie wir sie momentan erleben, darauf hingewiesen wird, das Populisten wie Trump, Salvini und Co. entzaubert werden, da sie "...sich allein auf kommunikativen Bullshit stützen, nicht um die Wahrheit scheren und genau deshalb folgenschwere Fehler machen" (so der Wissenschafter Henrik Müller), so muss gesagt werden, dass wir nicht davon ausgehen können das dies von Dauer ist.