Zum Inhalt springen
Bitte geben Sie einen Suchbegriff ein.

Der Vorsitzende muss über jeden Zweifel erhaben sein

Irmgard Griss meint, auch nur der Anschein von Befangenheit sei Gift für das Klima in jedem Untersuchungsausschuss.

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss hat bei vielen keine gute Nachrede. Natürlich in erster Linie bei denen, für die er sich nachteilig ausgewirkt hat oder noch auswirken wird. Aber auch von anderen hört man, ein Untersuchungsausschuss sei eine Bühne für die Opposition. Es gehe weniger um Aufklärung als darum, den an der Macht befindlichen und daher wohl überlegenen politischen Gegner schlecht zu machen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Berichte über Unterstellungen, Fangfragen, unangemessenes Betragen der Abgeordneten. Übersehen wird dabei freilich, wie notwendig ein Untersuchungsausschuss für eine lebendige Demokratie ist.

Ein Untersuchungsausschuss ist ein wichtiges Mittel politischer Hygiene. Denn Macht braucht Kontrolle. Das ist nicht nur ein beliebter Slogan in Wahlkämpfen, das ist eine Tatsache. Mit einem Untersuchungsausschuss kontrolliert das Parlament die Arbeit der Regierung. Als Volksvertretung hat es die Pflicht sicherzustellen, dass die Regierung ihre Macht nicht missbraucht, wie etwa durch Postenschacher, Freunderlwirtschaft und andere Formen der Korruption. Sichergestellt muss auch werden, dass mit Steuergeldern sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig umgegangen wird.

"Auch der Opposition muss es darum gehen, Sachverhalte aufzuklären, und nicht darum, die Regierung anzuschwärzen."

Dem kann ein Untersuchungsausschuss nur gerecht werden, wenn ohne parteipolitische Scheuklappen untersucht wird. Das gilt für beide Seiten, auch für die Opposition. Auch ihr muss es darum gehen, Sachverhalte aufzuklären, und nicht darum, die Regierung anzuschwärzen. Das kann nur gelingen, wenn die Unbefangenheit des Vorsitzenden über jeden Zweifel erhaben ist.

Für eine sachgerechte Aufklärung ist es absolut kontraproduktiv, wenn der Anschein besteht, der Vorsitzende sei wegen seiner Nähe zu einer Regierungspartei befangen. Ein solcher Anschein ist Gift für das Klima im Ausschuss und führt zu sinnlosen Auseinandersetzungen. Unterstellungen, Fangfragen und dem immer wieder behaupteten unangemessenem Verhalten einzelner Abgeordneter kann am besten durch die Öffentlichkeit der Befragungen entgegengewirkt werden.

Irmgard Griss war Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und Abgeordnete der Neos zum Nationalrat.

Der Kommentar erschien am 09. November in der Kleine Zeitung. 

Vielleicht interessieren dich auch diese Artikel

Ein Vater schwingt seinen Sohn in der Luft
20.12.2024Clemens Ableidinger3 Minuten

5 Gründe, um 2025 optimistisch zu bleiben

Zugegeben, die Titelzeilen der Zeitungen versprühen derzeit nicht gerade Hoffnung und gute Laune. Doch ob Sie’s glauben oder nicht: Es gibt ein paar Gründe, zuversichtlich ins Jahr 2025 zu schauen.

Mehr dazu
Eine Hand bewegt Würfel, die das Wort Demokratie bzw. Autokratie ergeben
16.12.2024Silvia Nadjivan9 Minuten

Wie steht’s jetzt um die Demokratie?

Am Ende des Superwahljahrs 2024 stellt sich die Frage, wie es um die Demokratie in Österreich und Europa steht. Weder die Wahlergebnisse noch die politischen Erdbeben in Deutschland und Frankreich geben auf den ersten Blick viel Hoffnung, ganz zu schweigen von der schlechten Wirtschaftslage. Und doch genießt Europa gerade jetzt so viel Vertrauen wie schon lange nicht.

Mehr dazu
Ein sportlicher älterer Mann mit iPods im Ohr hält ein Longboard hinter dem Kopf
02.12.2024Georg Lundström-Halbgebauer5 Minuten

Und was wird aus den Pensionen?

Nicht nur Österreich, sondern fast die ganze Welt ist mittlerweile im Zeitalter der Entvölkerung angekommen: Die Fertilitätsrate sinkt oder stagniert auf niedrigem Niveau, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung immer weiter. Was bedeutet das für den Sozialstaat? Und wird einmal die Pensionen der Jungen bezahlen? Von Georg Lundström-Halbgebauer und Lukas Sustala.

Mehr dazu

Melde dich für unseren Newsletter an!