5 Gründe, um 2025 optimistisch zu bleiben
Zugegeben, die Titelzeilen der Zeitungen versprühen derzeit nicht gerade Hoffnung und gute Laune. Doch ob Sie’s glauben oder nicht: Es gibt ein paar Gründe, zuversichtlich ins Jahr 2025 zu schauen.
Eine evidenzbasierte Antwort darauf, warum Schulschließungen keine Option sein sollten. Ein Gastkommentar von Lukas Sustala.
Es stellt sich nun die Frage ob Kinder einerseits genauso ansteckend sind wie andere Altersgruppen und welche Schlüsse man aus anderen Ländern bzw. aus Studien ziehen kann. Für Aufsehen hat jedenfalls ein Artikel in der New York Time gesorgt, in dem eine Studienautorin Evidenz zeigen konnte, dass eine schnelle Schulöffnung in Israel zu einer Steigerung der Coronainfektionen führte (https://www.nytimes.com/2020/08/04/world/middleeast/coronavirus-israel-schools-reopen.html). Zudem fordern namhafte Wissenschaftler aus Österreich am 09.11.2020 Österreich mit schärferen Maßnahmen das Land vor überfüllten Krankenhäusern zu bewahren. Sie rechnen mit einem Tipping-Point am 18.11. Ab dann könnte es sein, dass Spitäler Menschen nicht mehr aufnehmen könnten, und sich zwischen Patient_innen entscheiden müssten wenn es keine zusätzlichen Maßnahmen wie Schulschließungen kommt. (https://www.derstandard.at/story/2000121558172/wissenschafter-fordern-sofortige-schliessung-von-schulen).
Was ist jedoch an der Hypothese dran, dass das schulische Umfeld einen negativen Effekt auf die Infektionszahlen hat?
Zuerst ist es wichtig zu wissen wie sich die Infektionen auf die verschiedenen Altersgruppen verteilen. Da die meisten Daten aus Österreich fehlen, werde Daten aus dem UK vom 28.05 bis 26.08 herangezogen https://www.gov.uk/government/publications/demographic-data-for-coronavirus-testing-england-28-may-to-26-august/demographic-data-for-coronavirus-covid-19-testing-england-28-may-to-26-august#table-4
Hier sehen wir alle Tests nach Altersgruppen:
Annex table 4: number of people newly tested for COVID-19 under pillars 1 and 2, by age and pillar, 28 May to 26 August, England3
Age | Pillar 1 | Pillar 2 | Total |
---|---|---|---|
0 to 9 | 71,286 | 259,326 | 330,612 |
10 to 19 | 62,178 | 233,716 | 295,894 |
20 to 29 | 171,802 | 616,329 | 788,131 |
30 to 39 | 222,024 | 638,720 | 860,744 |
40 to 49 | 175,395 | 490,801 | 666,196 |
50 to 59 | 208,932 | 463,068 | 672,000 |
60 to 69 | 197,678 | 267,272 | 464,950 |
70 to 79 | 226,320 | 137,700 | 364,020 |
80 to 89 | 164,558 | 89,796 | 254,354 |
90+ | 42,897 | 52,510 | 95,407 |
Total since Test and Trace launched | 1,586,248 | 3,250,213 | 4,836,461 |
In dieser Tabelle sieht man deutlich welche Altersgruppen am meisten getestet werden. Insbesondere in den Altersgruppen von 20 bis 59 gibt es viele Tests. Jedoch ist die Zahl der Tests bei unter 9-Jährigen Kindern relativ gering im Vergleich zu ihren älteren Lebensgenoss_innen
Und hier sehen wir im Vergleich die positiv-getesteten Personen nach Altersgruppen:
Annex table 6: people newly testing positive for COVID-19 under pillars 1 and 2, by age and pillar, 28 May to 26 August, England3
Age | Pillar 1 | Pillar 2 | Total |
---|---|---|---|
0 to 9 | 263 | 2,841 | 3,104 |
10 to 19 | 328 | 5,399 | 5,727 |
20 to 29 | 1,632 | 13,070 | 14,702 |
30 to 39 | 1,814 | 11,244 | 13,058 |
40 to 49 | 1,769 | 8,807 | 10,576 |
50 to 59 | 1,917 | 7,410 | 9,327 |
60 to 69 | 1,664 | 3,926 | 5,590 |
70 to 79 | 1,994 | 1,892 | 3,886 |
80 to 89 | 2,616 | 2,284 | 4,900 |
90+ | 1,066 | 1,447 | 2,513 |
Total since Test and Trace launched | 15,227 | 58,326 | 73,553 |
Figure 6: number of people newly tested by age group and pillar, 28 May to 28 August, England
Insgesamt haben wir also wenige positive Tests bei Kindern. Aber eben auch insgesamt weniger Tests bei dieser Gruppe. Jedoch haben wir bei den unter 9 Jährigen gerade einmal 0,939% positive Tests. Bei den älteren Altersgruppen hat man hier doch höhere Anteile an positiven Tests als bei Kindern (20-29 =1,9%). Dies widerlegt zumindest in diesem Fall das Argument, dass Kinder weniger positive Fälle vorweisen, weil sie weniger getestet werden.
Zudem geht auch die WHO davon aus das asymptomatische Fälle weniger ansteckend sind als symptomatische und pre-symptomatische Fälle. Immerhin sind das um die 20% (bis 41%) aller Fälle. (https://www.who.int/news-room/commentaries/detail/transmission-of-sars-cov-2-implications-for-infection-prevention-precautions). Und da Kinder unter den asymptomatischen Fällen sehr prominent vertreten sind (https://www.news-medical.net/news/20200914/Are-children-more-likely-to-be-SARS-CoV-2-asymptomatic-than-adults.aspx), kann man davon ausgehen, dass Schulen keine erheblich große Rolle im Infektionsgeschehen spielen. Dies unterstreicht auch das European Center for Desease Prevention and Control der EU. Denn Schulen zeigten bis jetzt keine großen Auffälligkeiten bzgl. Clusterbildungen. Genauso bleibt der Fakt bestehen, dass sich Kinder eher im Haushalt anstecken, als im Schulunterricht (https://www.ecdc.europa.eu/en/covid-19/facts/questions-answers-school-transmission).
Zusätzlich zeigt eine Studie des Bonner IZA im Gegensatz zur israelischen Studie, dass insbesondere Schulöffnungen keine Auswirkung auf die Infiziertenstatistik haben.
Weder in den verschiedenen Altersgruppen (Kinder, Eltern) noch in anderen Gruppen konnten erhöhte Infiziertenzahlen aufgrund von Schulöffnungen festgestellt werden. Wobei auch zu beachten ist, dass Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ein enorm wichtigen Faktor sind.
Unterstreicht wird dies auch durch aktuelle Zahlen der AGES (10.11.2020), die in der ersten Woche des Lockdowns ein Sinken des Anteils der unter 14 Jährigen von 5,7% auf 4,4% am gesamten Infektionsgeschehens feststellten. Und dies obwohl das Land sich in einem Lockdown befindet, ausgenommen der Kinder unter 14 Jahren.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Schulen bei aktueller Wissenslage keine großen Treiber des Infektionsgeschehens sind. Auch wenn die Zahlen der infizierten Kinder sehr hoch sind und ebenfalls durch geeignete Maßnahmen gesenkt werden müssen, so kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass Kinder sich vornehmlich im schulischen Umfeld anstecken. Auch dass Kinder wesentlich zum Infektionsgeschehen beitragen und somit Schulen geschlossen werden sollten, ist nicht mit der derzeitigen Wissenslage begründbar. Denn Kinder tragen durch eine hohe Anzahl von asymptomatischen Fällen sehr wahrscheinlich nicht maßgeblich zum exponentiellen Wachstum der Covid-19-Infektionen bei.
Eventuell sollte aber geprüft werden, ob zum Schutz der Kinder und auch der gefährdeten Pädagog_innen mehr Mittel für die Risikoprävention zur Verfügung gestellt werden sollen. Denn trotz geringer Infektionszahlen bei Kindern, steht der gesundheitlicher Schutz aller im schulischen Umfeld an erster Stelle.
Wenn man nun die gesundheitliche Komponente aus der Diskussion nimmt und man sich den Folgen von Schulschließungen auf die Zukunft von Kindern und die Belastung der Eltern widmet, sieht es düster aus. Denn eines ist klar: Österreichs Schulsystem war vor dem Lockdown nicht auf Home-Schooling ausgerichtet und ist es jetzt auch nicht. Der müde 8 Stufen Plan des Bildungsministeriums sieht eine Digitalisierung in den nächsten Jahren vor. Eine langfristige Planung die akut ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Unabhängig von einem fehlenden Kontakt zwischen Schüler_innen und Lehrer_innen, was auch nicht zu mehr Lernerfolg beitragen wird, ist es für manche Familien überhaupt nicht möglich Homeschooling zu betreiben. Insbesondere in sozial schwachen Familien fehlen einfach die Mittel und die Zeit um Kinder geeignet von zuhause zu unterrichten. 36% der Kinder die für Lehrer_innen nicht digital erreichbar waren, kamen aus sozial schwachen Familien. Zudem müssen viele Eltern, die einem (oder mehreren) Job(s) nachgehen, sich die Zeit fernab von ihrem Beruf nehmen. Immerhin haben die Hälfte der erwerbstätigen Eltern Kinder unter 12 Jahren zu betreuen und sind deswegen besonders von Schulschließungen betroffen. Das ergibt insbesondere für Mütter, die noch immer in den meisten Fällen weniger verdienen als Väter, einen Backlash zurück in die 1950er. Frauen geben also ihre Arbeit für die Kinder auf und Väter gehen weiterhin arbeiten. Schulschließungen könnten den Bemühungen der Frauenpolitik der letzten Jahrzehnte also einen weiteren Dämpfer hinzufügen.
Was jedoch am schwersten wiegt ist der Effekt auf Kinder selbst. Eine Studie fand heraus, dass je jünger ein Kind ist, desto schwerwiegender sind die Langzeitfolgen von Ausbildungsunterbrechungen. Kinder die jetzt einen Bruch in ihrer Bildungskarriere erleben, werden in Zukunft auch weniger verdienen als Kinder die eine krisenlosen Bildungskarriere erlebt haben. Dieses Szenario ist bei Kindern aus sozial schwachen Familien umso schwerwiegender.
Die obere Grafik verdeutlicht, dass Kinder aus gut situierten Familien in schulfreien Zeiten besser unterstützt werden können und somit in der langfristigen Lernkurve einen Vorteil gegenüber Kindern aus sozial schwachen Familien haben.
Da die Lage des Bildungssystems schon vor der Coronakrise eine prekäre war und dringend nötige Reformen seit Jahrzehnten auf sich warten lassen, so sind Faktoren wie Schulschließungen ein zusätzlicher Treiber von Ungerechtigkeiten. Denn Kinder deren Muttersprache nicht Deutsch ist, Kinder die Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen haben oder sich schwer konzentrieren können, haben es außerhalb des regulären Schulbetriebes schwer. Zusätzlich scheint es dem Bildungsministerium und der Regierung nicht möglich zu sein, adäquate Maßnahmenpläne zur Digitalisierung der Schüler_innen und Lehrer_innen aufzustellen. Insbesondere ein Lockdown muss auch zu schnellen Hilfen führen und sollte in Absprache mit den Ländern aber insbesondere mit den Direktor_innen erfolgen, weil jene am besten wissen was ihr Personal und Schüler_innen benötigen. Zuletzt ist aus medizinischer Sicht mit dem derzeitigen Wissensstand Schulschließungen nicht ausreichend begründbar, weil Schulen nicht als Corona-Hotspots gelten und Kinder oft asymptomatisch und damit wohl weniger infektiös sind. Ein Schulbetrieb muss also mit adäquater Risikoprävention möglich sein!
5 Gründe, um 2025 optimistisch zu bleiben
Zugegeben, die Titelzeilen der Zeitungen versprühen derzeit nicht gerade Hoffnung und gute Laune. Doch ob Sie’s glauben oder nicht: Es gibt ein paar Gründe, zuversichtlich ins Jahr 2025 zu schauen.
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Am Ende des Superwahljahrs 2024 stellt sich die Frage, wie es um die Demokratie in Österreich und Europa steht. Weder die Wahlergebnisse noch die politischen Erdbeben in Deutschland und Frankreich geben auf den ersten Blick viel Hoffnung, ganz zu schweigen von der schlechten Wirtschaftslage. Und doch genießt Europa gerade jetzt so viel Vertrauen wie schon lange nicht.
Und was wird aus den Pensionen?
Nicht nur Österreich, sondern fast die ganze Welt ist mittlerweile im Zeitalter der Entvölkerung angekommen: Die Fertilitätsrate sinkt oder stagniert auf niedrigem Niveau, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung immer weiter. Was bedeutet das für den Sozialstaat? Und wird einmal die Pensionen der Jungen bezahlen? Von Georg Lundström-Halbgebauer und Lukas Sustala.