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Leidenschaftlich gegen Armut: Andreas Babler im ORF-Sommergespräch

Die Sprechwissenschaftlerin Susanne K. Weber hat für das NEOS Lab die ORF-Sommergespräche analysiert. Andreas Bablers Auftritt wirkt authentisch und natürlich, auf Kritik reagiert er aufgeschlossen. 

Das Folgende ist eine Analyse von Körpersprache und Rhetorik, es geht dabei nicht um inhaltliche Argumente. 

Andreas Babler versucht glaubhaft, Fragen zu beantworten. Um betonte Eloquenz bemüht er sich dabei nicht. Dafür wirken seine Dialektsprache, selbst wenn es diverse Momente der Verständlichkeitsgefahr gibt, und sein gesamter Auftritt authentisch und natürlich. Worte, Körper- und Stimmausdruck decken sich, er sitzt aufrecht, wirkt entweder in sich ruhend, trotz seines Augenzwinkerns oder, und dabei nimmt seine Körperspannung zu, emotional engagiert.

Aufgeschlossen für Kritik 

Auf Kritik reagiert er aufgeschlossen und gibt offen zu („offen“ ist ein Wort, das Babler häufig verwendet), dass in seiner Partei Konflikte zu bewältigen sind. 

Anstatt auszuweichen, beschreibt er Vorgänge und Geschehnisse und was diese in ihm auslösen – aus sprechwissenschaftlicher Sicht, vor allem in Konflikten, eine emotional intelligente Vorgehensweise. Beispielsweise antwortet Babler auf die Frage Thürs nach dem von SPÖ-Kreisen vorab an die Öffentlichkeit gespielten Parteiprogramms, das von Doris Bures stark kritisiert wurde, in ruhigem Ton, er wolle zunächst einordnen: 

„[...] dass dieses Papier geleakt worden ist. Das heißt dreizehn Personen, des beschäftigt mi, im Bundesparteipräsidium, des is a hohes Gremium der Sozialdemokratie, dass es da jemanden gibt, der dieses Papier an die Öffentlichkeit spielt und wie ma sieht net aus dem besten Zweck, sondern um Unruhe zu bringen, und, äh, des geht überhaupt net und des is auch des, was viele unserer Zuseherinnen und Zuseher berechtigterweise auch verunsichert.“ 

Anstatt zu dementieren, zeigt er sich transparent und entschlossen, die Probleme anzugehen, was ihm eine glaubwürdige Wirkung verleiht. Auch seine Fähigkeit zur Perspektivübernahme kommt zum Ausdruck, wenn er Verständnis dafür in Worte fasst, dass solche Vorgänge für Verunsicherung sorgen.

Leidenschaft 

Im Verlauf des Gesprächs erleben die Zuseher:innen einen SPÖ-Chef, der leidenschaftlich artikuliert, was ihn antreibt, nämlich „Jedem Kind a Perspektive geben, für des brenn ich mei ganzes Leben!“

Diese Leidenschaft verwandelt sich mitunter in Ungeduld. Zum Beispiel als Martin Thür Experten zitiert, die empfehlen, ab einer gewissen Anzahl von Kindern die Auszahlungen „etwas zu reduzieren“. Da lehnt sich Babler nach hinten, schüttelt den Kopf und fällt Thür, leicht gereizt wirkend, ins Wort „Wissen Sie Herr Thür, was san des für Experten?“

Das „Ins-Wort-Fallen“ passiert ihm bei seinem Herzensthema öfter, auch spricht er teilweise, wenn er engagiert ist, recht schnell, und die Sätze geraten mitunter sehr lang. Darunter leidet stellenweise die Verständlichkeit, was er durch anschauliche Vergleiche durchaus wieder „wettmachen“ kann: „Fünf Familien in Österreich, fünf einzelne Familien, haben so viel Vermögen wie die Hälfte der Bevölkerung im unteren Bereich, 4,2 Millionen Menschen [...].“ 

Anschaulichkeit scheint ihm wichtig zu sein, was sich auch im Einsatz der berühmten „Taferln“ zeigt, eine Möglichkeit, die auch Meinl-Reisinger nutzt, um Verständlichkeit zu erzeugen und zu überzeugen.

Wertschätzend und beharrlich 

Insgesamt wirkt Babler bemüht, kooperativ zu argumentieren und auf sein Gegenüber einzugehen. Gleichzeitig zeigt er auch Durchsetzungsfähigkeit, ohne „ungut“ zu werden, nämlich als Thür ihn „einbremsen“ will, weil Babler ein kleines Rollenspiel vorschlägt. Wertschätzend, aber bestimmt beharrt er darauf: „Aber lassen S’ mich doch Mal ausreden, damit man versteht. Wenn die Frage nach Koalitionsverhandlungen kommt, ist schon wichtig, da mei Position dazu!“ Thür gibt ihm daraufhin wieder den Raum und hört zu. Babler hat sich mit seiner Bestimmtheit durchgesetzt.

(Bild: SPÖ/Schmiedbauer/Montage)

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