Orte sind in der Demokratie immer wichtig. Es ist kein Zufall, dass die Neugestaltung und Neueröffnung des Parlaments im Jahr 2023 als wichtiger Meilenstein gefeiert wird. Das Parlament ist in der repräsentativen Demokratie der zentrale Ort, das Forum für Diskurs, für weitreichende politische Entscheidungen, für die Auseinandersetzung um unterschiedliche Vorschläge und Lösungsansätze. Dass die politische Bildungsarbeit so stark mit den Parteien verbunden ist, ist daher einerseits eine richtige Verortung. Schließlich sind Parteien zentrale Akteure der politischen Landschaft in Österreich. Doch andererseits darf sich die Arbeit der Parteiakademien in Sachen politische „Skills“ und Kompetenzen nicht darin erschöpfen, als Kaderschmieden für bereits hochrangige Funktionäre wahrgenommen zu werden.
Denn politische Bildung ist und bleibt gerade auch wirkungsvoll, um Bürger:innen anzusprechen und davon zu überzeugen, dass sie nicht ein Objekt, sondern ein Subjekt von Politik sind. Die Macht geht von den Menschen aus. Und dafür darf der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben, nicht weit weg sein.
Dafür müssen wir zu viel Diskurs zu aktuellen relevanten Themen einladen, mit neuen Medien und Formaten ins Gespräch kommen und auch über die Parteigrenzen hinaus debattieren. Die Parteiakademien sind damit natürlich auch viel eher als die im Wahlkampf stehenden Parteien in der Lage, das berühmt-berüchtigte „Lager“-Denken zu durchbrechen, und das Gemeinsame am politischen Ort hervorzustreichen.
Es ist nicht nur für neue Parteien, sondern die Demokratie insgesamt enorm wichtig, möglichst viele Menschen mit dem Aufbau unserer Demokratie, den wichtigen tragenden Säulen und der Bedeutung von checks and balances bekanntzumachen. Österreich sollte dabei von anderen Ländern lernen, die eine größere Tradition von direkt-demokratischen Elementen, Transparenz oder Partizipation haben als wir. Staatsbürgerliche Bildungsarbeit muss Wege aufzeigen, selbst den Ort Politik zu gestalten, die Demokratie zum eigenen Anliegen zu machen und in die Gestaltung zu kommen.
Die Parteiakademien haben eben nicht nur die Aufgaben, für ihre Parteien Menschen auszubilden, sondern müssen auch aufpassen, dass sie jene offenen Räume sind und bleiben, in denen Bürger:innen den Ort Politik erleben können, erste Wegbeschreibungen erhalten und Souveränität statt Ohnmacht erfahren. Parteiakademien können damit die offenen Labore sein, um Neues auszuprobieren, Lösungen zu entwickeln und Aktuelles zu diskutieren.
In einer Technokratie bräuchte es die Parteiakademien vielleicht nicht, denn die Expert:innen und die Interessenvertreter:innen kennen die Politik und ihre Orte und Räume wie ihre Westentasche. Sie wissen um alle Wege, ob es nun der Weg der Gesetzwerdung oder der Förderungen ist. Doch in einer Demokratie sollten vor allem die Menschen selbst ein klares Bild davon haben, wie der Ort Politik für sie funktioniert und wo sie sich einbringen können.
Der aktuell stark ausgeprägte Vertrauensverlust in das politische System sollte anlässlich des 50-jährigen Jubiläums zur Schaffung der Parteiakademien auch Anlass sein, um dies als deren Aufgabe stärker wahrzunehmen. Weil politische Bildung auch einen Beitrag zur Vertrauensbildung liefern kann.