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5 nach 12 im Bildungssystem: Warum es jetzt einen großen Reformwurf braucht

Schon im Herbst 2021 wurde eine Präsentation einer weitreichenden Lehrplanreform von Seiten des Bildungsministeriums angekündigt. Doch das Bildungsministerium ist immer noch mit Coronachaos und Öffnungsschritten an Schulen beschäftigt und vergisst dabei langfristige unbedingt nötige Reformen. Die vom NEOS Lab initiierte innovative Bildungsinitiative "Talente blühen!" hat nun mit einer neuen Publikation vorgelegt, wie Österreich die Schule von morgen gestalten könnte und wo es im Österreichischen Bildungssystem hakt. Denn der Trend im Bildungssystem ist negativ und droht sich einzuzementieren, wie PISA zeigt. Langfristig kann das für den Standort Österreich und die Chancen von jungen Menschen weitreichende Folgen haben. Daher braucht es einen Paradigmenwechsel. Von Johannes Stolitzka.

Die Bildungsinitiative Talente blühen, initiiert vom NEOS Lab hat sich letztes Jahr einem Relaunch unterzogen und startet mit einer neuen Publikation in das Jahr 2022. Die Initiative, 2014 gegründet von Menschen die den Stillstand im Bildungssystem satt hatten, veranschaulicht, wo es im Bildungssystem hakt, aber noch viel mehr wollen wir zeigen, was alles mit guter Bildungspolitik möglich wäre. Im Austausch mit Bürger_innen und Expert_innen, in Veranstaltungen und Publikationen, diskutieren wir offen Ideen, um wirksame Bildungsreformen zu entwickeln und voranzutreiben. Wir wollen Österreichs Schulsystem aus einem Negativtrend ziehen und agiler machen.

So haben wir uns im letzten Jahr mit dem veralteten Fächerkanon und den verkrusteten Strukturen, die er mit sich bringt, auseinandergesetzt. Denn an der österreichischen Schulfächerlogik unserer Zeit hängt noch der Staub der letzten 200 Jahre. Der Fokus liegt auf einer Trennung von Disziplinen und baut auf einem oft praxisfernen Konzept der Wissens- und Kompetenzbildung ohne die Talente der Schüler_innen gerecht zu fördern und zu entwickeln.

Andere Länder wie Finnland oder Estland sind hier weiter. Diese Länder setzten schon früh auf einen praxisnahen Unterricht. Dieser baut auf ein Fundament, das auf 21st Century Skills setzt, also Kompetenzen, die es braucht, um das eigene Leben selbstbewusst und selbstbestimmt zu gestalten. Denn neben Grundrechnungsarten oder das Beherrschen von verschiedenen Sprachen, stehen auch Kompetenzen im Bereich der psychischen Gesundheit, Digitalisierung, Verantwortungsbewusstsein und besonders effektives Problemerkennen und Problemlösen im Zentrum eines phänomenorientierten Unterrichts. Aber für eine derartige Lehre braucht es angepasste Stunden- und Lehrpläne, entsprechend ausgebildete Lehrkräfte und die geeigneten Strukturen.

Österreichs Bildungssystem scheitert hier an mehreren Stellen. Weder schafft man es 21st Century Skills in den Lehrplänen richtig abzubilden, noch sind die Lehrer_innen Aus- & Weiterbildung oder die Strukturen flexibel genug. Stattdessen wird das Bildungssystem in seinen Strukturen von einer Reform zur anderen konserviert. Ein negativer Trend bei den PISA Ergebnissen (siehe Abb. 1) hat leider keinen neuen Reformmut ausgelöst. So ist der Anteil jener Schüler_innen, welche Probleme haben den Inhalt eines Textes zu verstehen, von 19% im Jahr 2015 auf 24% in 2018 gestiegen. 

Zeitgleich ist - auch schon vor der Coronakrise - die Chancenungleichheit zwischen jenen Kindern aus prekären oder migrantischen Familienverhältnissen und Kindern aus wohlhabenden und inländischen Familien groß gewesen. So ist der Anteil der Schulabgänger_innen ohne Job und Ausbildungsplatz mit Migrationshintergrund um einiges höher als bei inländischen Jugendlichen (siehe Abb. 2). Und das alles, obwohl Österreich die 2. höchsten Bildungsausgaben pro Schüler_in im OECD Vergleich vorweist. Daraus ergibt sich der Schluss, dass das Bildungssystem nicht nur in einer Coronakrise steckt, sondern auch in einer Reformkrise.
 

Es ist zu befürchten, dass die Lehrplanreform des Bildungsministeriums nicht nur zu spät kommen, sondern auch zu kurz greifen wird. Deswegen braucht es weitreichendere kurzfristige und langfristige Maßnahmen. Und das dringend! Vorschläge dazu liefert unsere brandneue Publikation mit Beiträgen von Johannes Stolitzka, Ernst Smole, Teresa Torzicky, Verena Hohengasser, Thomas Jekel, Dirk Loerwald und Michael Unger. Von einem größeren Fokus auf Digitalisierung, Wirtschaftsbildung, psychische Gesundheit, einem phänomenorientierten Unterricht, und einem digitalen Unterrichtsmaterialienmarktplatz bis hin zu mehr Autonomie für Schulen, die Einführung von Flächenfächern, einen größeren Fokus auf die Weiterbildung und Ausbildung der Lehrkräfte und einer Neuordnung von Schulen als Organisationsgebilde, gibt dieses Buch Inspiration, wie die Schule von morgen aussehen sollte.

Der Weg führt also nur über ein Überwinden des Kast'ldenkens hin zu mehr Vernetzung!

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