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Senkung der Lohnnebenkosten als Nullsummenspiel

Die von der Regierung angekündigte Senkung der Lohnnebenkosten ist zwar grundsätzlich positiv. Eine Lab-Analyse zeigt allerdings, dass der Entlastungseffekt für die Arbeitgeber rasch verpuffen wird.

Von Günther Oswald

Photo by Towfiqu barbhuiya on Unsplash.

Mit ihrem Teuerungspaket hat die Regierung auch eine geringfügige Senkung der Lohnnebenkosten angekündigt. Konkret soll der Beitrag zur Unfallversicherung um 0,1 Prozentpunkte sinken, der Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) soll ab dem kommenden Jahr um 0,2 Prozentpunkte niedriger ausfallen. Die Regierung bezifferte diese Entlastungschritte bis 2026 mit kumuliert 1,8 Milliarden Euro.

Das ist freilich nur die halbe Wahrheit. Wie eine vom NEOS Lab durchgeführte Analyse mit der Sozialreform-Mikrosimulation (Soresi) zeigt, wird der Entlastungseffekt rasch verpuffen, sodass die Arbeitgeber unterm Strich nicht wirklich etwas davon haben werden.

Konkret ergibt die Auswertung, über die die Wiener Zeitung berichtet hat: Ab dem nächsten Jahr führt die Senkung des Flaf-Beitrags zu einer Entlastung um knapp 300 Millionen, die leichte Senkung des Unfallversicherungsbeitrages bringt den Unternehmen weitere 121 Millionen. Wegen der hohen Inflationsdynamik steigen aber auch die Löhne und Gehälter kräftig, weshalb die Arbeitgeber bei Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Pensionsversicherung bereits im nächsten Jahr deutlich höhere Ausgaben haben werden. Die effektive Entlastung bei den Dienstgeberbeiträgen wird 2023 daher nur rund 94 Millionen Euro betragen.

Im Jahr 2024 fallen die Zusatzausgaben (vor allem für die Pensionsversicherung) bereits um 102 Millionen Euro höher aus als die Entlastung. Das heißt über zwei Jahre betrachtet ist das Ganze bereits ein Nullsummenspiel für die Arbeitgeber.

Das zeigt einmal mehr, dass wir in Sachen Lohnnebenkostensenkung größere Würfe bräuchten, um eine wirklich spürbare Entlastung zustande zu bringen, die auch zu einer signifikanten Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit führen würde.

Bis dato waren größere Reformen bei den Lohnnebenkosten in Österreich aber nicht möglich bzw. scheiterten sie in der Vergangenheit auch am Widerstand der Gewerkschaft, die mit sinkenden Lohnnebenkosten auch einen Verlust an Einflusssphäre in der Sozialversicherung befürchtet.

Wie hoch die Belastung des Faktors Arbeit in Österreich ist, zeigt alljährlich der OECD-Bericht Taxing Wages. Erst vor wenigen Wochen wurden die Werte für das Jahr 2021 veröffentlicht. Nach wie vor gibt es nur zwei Länder, in denen die Summe aus Einkommensteuer, Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträgen höher ausfällt als in Österreich – nämlich Belgien und Deutschland.

Daran wird sich auch nach den jüngsten Steuerplänen der türkis-grünen Regierung wenig ändern. Die teilweise Abschaffung der kalten Progression ist zwar begrüßenswert, sie führt aber, wie in diesem Lab-Blog bereits aufgezeigt, lediglich dazu, dass die Steuerquote in den kommenden Jahren nicht noch weiter ansteigt. Und die oben beschriebene Senkung der Dienstgeberbeiträge um 0,3 Prozentpunkte ist nicht dafür geeignet, im internationalen Vergleich große Sprünge zu machen.

Hintergrund zur Methodik:

Alle Tarifstufen wurden für 2023 und 2024 mit der aktuellen Inflationsprognose des Wifo (7,5 % heuer, 5 % nächstes Jahr) angepasst, ebenso die Absetzbeträge (AVAB, AEAB, Verkehrsabsetzbetrag, Zuschlag zum VAB, Pensionistenabsetzbetrag, erhöhter Pensionistenabsetzbetrag), die Familienleistungen, die laut Regierung indexiert werden (Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld) sowie die Mindest- und Höchstbeitragsgrundlagen in der Sozialversicherung.

Zusätzlich wurde ab 2023 die Senkung des Unfallversicherungsbeitrages von 1,2 auf 1,1 Prozent (bzw. Äquivalente bei Selbständigen und Bauern) sowie des Flaf-Beitrag von 3,9 auf 3,7 Prozent simuliert.

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