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Die neue Heizsaison beginnt mit alten Problemen

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Teure Gasimporte aus Russland finanzieren Putins Krieg und heizen außerdem die Inflation in Österreich immer weiter an. Die Bundesregierung sollte dringend handeln.

Die anhaltenden spätsommerlichen Temperaturen mögen das Problem hinausgezögert haben, doch eines ist klar: Der Winter kommt, und mit ihm die Notwendigkeit zu heizen. Österreich startet in die Heizsaison 2023/24 mit unangenehmen Vorzeichen, denn das Gas, das wir importieren, stammt zum größten Teil immer noch aus Russland. Damit finanzieren wir Putins brutalen Angriffskrieg. Und dieses russische Gas ist nicht einmal billig: Obwohl die Gaspreise an den Großmärkten deutlich unter den Höchstständen von 2022 notieren, sind die von den Verbraucherpreisen gemessenen Kosten für Gas und Fernwärme in Österreich noch auf Rekordständen. Diese hohen Energiepreise sind hauptverantwortlich für die „Überinflation“ in Österreich. In keinem anderen Land im Euroraum ist die offiziell gemessene Inflation in den Bereichen Gas und Fernwärme seit Jänner 2021 höher als in Österreich.

Gaspreise treiben allgemeine Teuerung an

Die hohe Inflation auf dem Energiesektor ist verantwortlich dafür, dass die Gesamtinflation in Österreich immer noch höher ist als im Rest Europas. Bei einer aktuellen „Überinflation“ von 2,2 Prozentpunkten tragen Gas (+1,0 Prozentpunkte) und Fernwärme (+0,5 Prozentpunkte) einen erheblichen Teil des Teuerungsaufschlags (IHS, 2023). Das heizt auch die Preis-Lohn-Spirale an: Die höheren Preise führen zu höheren Löhnen, das wiederum führt zu einer noch höheren Inflation. Und das hat echte, negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die hohe Teuerung führt zu weniger Wettbewerbsfähigkeit. 

Was die Bundesregierung jetzt tun sollte

1. Aktiv von Russland lösen

Österreich ist das einzige westliche Land, das seine langfristigen Lieferverträge nicht entweder gekündigt oder wegen des Lieferausfalls 2022 rechtliche Schritte gegen die Gazprom gesetzt hat. Daten der Statistik Austria zufolge steuert Österreich nach rekordhohen Importkosten für russisches Gas 2022 im Ausmaß von 7,4 Milliarden Euro heuer auf die historisch zweithöchste Summe von rund 4 Milliarden Euro zu.

Aktuell ist die Energiepolitik in Sachen Unabhängigkeit an Russland ausgelagert. Die OMV nimmt die Mengen, die die russische Gazprom liefert. Im Wesentlichen entscheidet also Russland im Rahmen des Liefervertrags, welche Mengen in Österreich landen. Die Regierung argumentiert bis heute, den Gazprom-OMV-Vertrag nicht zu kennen. Dieser passive Umgang mit dem energiepolitisch wichtigsten Vertrag Österreichs erhöht auch das finanzpolitische Risiko. So haben Ratingagenturen bereits Risiken aufgezeigt, die aus dem bis 2040 abgeschlossenen Gasabnehmer-Vertrag der OMV mit der Gazprom resultieren.

Es ist zwar positiv zu werten, dass mittlerweile etwas mehr Gas aus Norwegen und über andere Routen nach Österreich kommt. Doch die aktive Diversifikation ist insgesamt ausgeblieben, und Europa kämpft nach wie vor mit vergleichsweise hohen Benchmark-Preisen für Gas, was die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Vergleich zum Standort USA nachhaltig dämpfen wird. An den europäischen Gasmärkten notieren die aktuellen Futures für die Wintersaison 2024 und 2025 zudem weitgehend unverändert zu heute (2023: rund 49 Euro/Megawattstunde; 2024: 53 Euro/MWh; 2025: 46 Euro/MWh). Erst für 2026 ist eine deutliche Reduktion unter 40 Euro an den Märkten eingepreist.

2. Wettbewerb stärken und Preise senken

Aktuell stehen die Landeshauptleute und ihre Energieversorger zwischen den österreichischen Kunden und der Entlastung durch niedrigere Großhandelspreise. Die E-Control muss als Wettbewerbshüterin gestärkt werden, und die Politik muss alles für intensiveren Wettbewerb unternehmen. Die hohen Preise haben auch damit zu tun, dass es nach wie vor keinen funktionierenden überregionalen Wettbewerb in weiten Teilen des Energiemarkts gibt. Die lokalen Monopole sind aber für Versorgungssicherheit und notwendige Infrastruktur gedacht, nicht dafür, dass überzogene Preise an die Politik abgeliefert werden. Ein weiteres Unbundling muss ebenso geprüft werden wie die Entflechtung der vielen Querbeteiligungen.

3. Mehr Transparenz für die Kund:innen

Der Energiemarkt ist zwischen (teil)staatlichen Konzernen aufgeteilt und sehr weitgehend reguliert. Für mehr Wettbewerb braucht es auch mehr Transparenz beim Vertragsabschluss und standardmäßig einfachere Ausstiegsklauseln. Vorschläge der E-Control zu einer Herkunftsbezeichnung von Erdgas, um die Energiekonzerne stärker zu einem Ausstieg aus russischem Gas zu bewegen, sind ebenso willkommen wie die Offenlegung des OMV-Gazprom-Vertrags, um diesen energiepolitisch zentralen Kontrakt endlich diskutieren zu können.

4. In Infrastruktur investieren, statt abzuwarten

Was die Politik jedenfalls tun sollte, ist, die Voraussetzungen für alternative Gasquellen zu schaffen. So muss man die West-Austria-Gasleitung (WAG) ausbauen, um auch im „Reverse-Flow“ von Westen nach Osten eine höhere Kapazität zu schaffen. Der Ausbau und die Ertüchtigung der österreichischen Gasinfrastruktur bilden das energiewirtschaftliche Rückgrat, um die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reduzieren, die Gasbeschaffung Österreichs zu diversifizieren und damit langfristig leistbares Gas zur Verfügung zu stellen.

Die gute Nachricht ist: Die Aufgabe der Energiepolitik ist im Winter 2023 wesentlich einfacher als im Winter 2022. Die Speicher sind aktuell gut gefüllt, und die Gefahr einer akuten Versorgungskrise ist überschaubar. Die Politik hat also Spielraum zu handeln – und sollte diesen nützen.

(Bild: mep-elena/iStock)

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