Bürgerbeteiligung in Österreich
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, Einfluss auf die Politik zu nehmen.
Überblick: Formen der Bürger:innenbeteiligung in Österreich
Die gewählte Volksvertretung vertritt dich in der Politik. Fühlst du dich nicht ausreichend gehört oder gar schlecht vertreten, hast du als Bürger:in verschiedene Möglichkeiten, deine Anliegen in die Politik zu bringen.
Kontakt mit Entscheidungsträger:innen
Sprechstunden, E-Mails, Briefe etc.
Stellungnahme zu Gesetzesentwürfen
Nutze das Begutachtungsverfahren
Petition
unterzeichnen oder starten
Bürger:innen-Initiative
unterzeichnen oder starten
Volksbegehren
unterzeichnen oder starten
Demonstration
Deine Meinung öffentlich kundtun
Einer Partei BEITRETEN
Werde Teil einer bestehenden (registrierten) Partei
Eine Partei GRÜNDEN
Dein Anliegen, deine Partei?
Kontakt mit Entscheidungsträger:innen
Alle Bürger:innen (auch ohne österreichische Staatsbürgerschaft) haben die Möglichkeit, sich an ihre Volksvertreter:innen zu wenden.
Sprechstunden
Hier kannst du Bezirksvorsteher:innen, Bürgermeister:innen oder Abgeordnete persönlich aufsuchen.
Briefe, E-Mails
Auch auf schriftlichem Weg kannst du den Volksvertreter:innen deine Anliegen zukommen lassen.
Bürger:innen-Service
Dich an das nächstgelegene Bürgerservice zu wenden, ist eine weitere Möglichkeit, deine Anliegen vorzubringen.
Gemeinsam seid ihr politisch wirksamer.
Mehr Gewicht haben Forderungen, wenn sie nicht von Einzelpersonen, sondern von Gruppen eingebracht werden, etwa: Vereinen, Interessenvertretungen oder gleich von ganzen Parteien.
Stellungnahme zu Gesetzesentwürfen
Unterschriften sammeln
Viele Stimmen haben mehr Gewicht als eine Stimme: Wer sein Anliegen in die Politik tragen will, tut deshalb gut daran, Gleichgesinnte zu finden und sich gemeinsam zu engagieren.
Die einfachste Möglichkeit, die Unterstützung Gleichgesinnter zu finden, ist, Unterschriften zu sammeln. Das geht auch online und ist heute einfacher denn je. Möglichkeiten dazu sind:
Petition
Petitionen verpflichten die Verantwortlichen zwar nicht zum Handeln, können aber Druck aufbauen. Es gibt eigene Plattformen im Internet, die es allen Menschen ermöglichen, Petitionen zu starten bzw. zu unterschreiben.
Hat man genug Unterschriften gesammelt, kann man diese bei der zuständigen Stelle einbringen. Das kann die eigene Gemeinde sein, ein Ministerium, aber auch etwa ein Sportverein.
Je nachdem, an welcher Stelle die Petition eingebracht werden soll, gelten dafür eigene Regeln, die in Bundes- und Landesgesetzen festgeschrieben sind.
- An das Europäische Parlament können alle EU-Bürger:innen mit Hauptwohnsitz in einem EU-Land Petitionen richten.
- Petitionen, die das österreichische Parlament betreffen, können nur von einem:r Abgeordneten zum Nationalrat eingebracht werden. Unterzeichnen können in diesem Fall nur wahlberechtigte Staatsbürger:innen.
Petitionen beschäftigen sich mit den unterschiedlichsten Themen, die Auswahl ist vielfältig. Beispiele sind etwa:
- „Schützt den Lebensraum der Feldhamster am Hebbelplatz und 18 schattenspendende Bäume“
- „NEIN zum Notenzwang – JA zur Wahlfreiheit der Beurteilungsform“
- „ME/CFS: Anerkennung, medizinische Versorgung & Absicherung von Betroffenen sowie Forschungsförderung“
Bürger:innen-Initiative
Eine weitere Möglichkeit, Anliegen ins Parlament zu bringen, sind Bürger:innenitiativen. Dafür ist keine Unterstützung eines:r Abgeordneten notwendig.
Sie müssen von mindestens 500 Wahlberechtigten unterzeichnet werden, um im Nationalrat behandelt zu werden.
- Bürger:inneninitiative: Nur wer beauftragt, zahlt – Bestellerprinzip für Immobilienmaklerprovisionen
- Initiator: Marcus Beringer (*1992) erzählt:
2016 war ich auf Wohnungssuche. Ich war von einem Erasmus-Semester zurückgekommen, meine alte WG hatte sich aufgelöst. So hatte ich mit Maklern zu tun und war verärgert, dass man zwei Monatsmieten Provision bezahlen muss, im Wesentlichen meist fürs Türaufsperren.
Ein Erasmus-Kollege aus Deutschland hatte mir erzählt, dass in Deutschland die Situation anders ist: Es gilt das Bestellerprinzip. Also der Makler wird von demjenigen bezahlt, der ihn beauftragt.
Mit zwei Freunden, die in einer ähnlichen Situation waren, entstand die Idee, aktiv zu werden und eine Gesetzesänderung zu initiieren. So starteten wir eine Bürgerinitiative, mit dem Ziel, sie ins Parlament zu bringen: Nur wer beauftragt, zahlt – Bestellerprinzip für Immobilienmaklerprovisionen.
Dazu mussten wir 500 Unterschriften sammeln. Wir stellten uns mit Klemmbrettern auf die Mariahilfer Straße und vor Unis. Wir hatten weder Budget noch Erfahrung, aber das Thema war zum Glück ein ziemlicher Selbstläufer. Es war nicht schwer, Unterschriften zu bekommen. Ablehnung erfuhr die Initiative vor allem von Maklern, Leuten, die Maklern nahestanden oder Immobilienbesitzern.
Als wir 550 Unterschriften beisammen hatten, kam die Initiative auf die Parlamentswebsite, wo weitere Unterstützungserklärungen gesammelt wurden.
Ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Das nächste Mal würde ich versuchen, noch viel mehr Unterstützungserklärungen zu bekommen, um mehr mediale Aufmerksamkeit zu erreichen und die Politik zum Handeln zu bewegen. Dazu würde ich auf jeden Fall auch unabhängige Plattformen im Internet nutzen.
Wir versuchten auch, Parteien mit ins Boot zu holen, und sprachen bei einigen Abgeordneten vor. SPÖ, Grüne und NEOS sagten uns Unterstützung zu. Auch einige Medien sprangen auf, etwa die Kronen Zeitung. Im Standard erschien ein Doppelinterview mit dem Obmann der Maklervereinigung und mir.
Irgendwie scheint die Immobilienwirtschaft Panik bekommen zu haben, denn eine Zeitlang erschienen fast wöchentlich Presseaussendungen, wie wichtig Makler für Mieterinnen und Mieter sind.
Unsere Initiative wurde im Parlament im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen behandelt, dann im Bautenausschuss. Verschiedene Ministerien gaben Stellungnahmen ab. Manche waren dafür, andere eher dagegen. Das Sozialministerium etwa sprach sich dafür aus.
Es kam also Bewegung in die Sache, die SPÖ entdeckte das Thema für sich. Doch 2017 kam es zum vorzeitigen Ende der rot-schwarzen Regierungskoalition, somit wurde das Thema nicht mehr im Plenum behandelt.
Während der folgenden türkis-blauen Koalition hatte das Thema Entlastung der Mieter:innen keine Chance. Wir verfolgten unsere Bemühungen daher vorerst nicht weiter.
Überrascht stellten wir fest, dass sich das Thema „Abschaffung der Maklergebühren für Vermieter“ als Forderung im türkis-grünen Regierungsprogramm wiederfand. 2023 wurde die Gesetzesnovelle schließlich beschlossen.
Ob unsere Initiative der Auslöser dafür war? Das ist schwer zu beantworten. Auf jeden Fall aber haben wir einen Stein ins Rollen und das Thema zum ersten Mal in Österreich in die breite Öffentlichkeit gebracht.
Volksbegehren
Ein Volksbegehren hat deutlich mehr Gewicht als Petitionen und Bürger:inneninitiativen. Dabei geht es immer um konkrete Gesetzesinitiativen.
Wenn ein Volksbegehren 100.000 Unterstützungserklärungen erreicht, wird es öffentlich im Nationalrat behandelt.
Die Öffentlichkeit kann zwar starken Druck aufbauen, dennoch braucht es zur Umsetzung den Willen der politischen Entscheidungsträger:innen.
Österreichs langer Weg zum Rauchverbot in der Gastronomie:
- Die Initiative Don’t smoke erreichte 2015 eine Novellierung des Tabakgesetzes mit dem Beschluss eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie. Umgesetzt werden sollte es allerdings erst drei Jahre später, 2018.
- Die folgende türkis-blaue Regierung machte diese Gesetzesnovelle allerdings wieder rückgängig, sodass Rauchen in der Gastronomie zuerst erlaubt blieb. Daraufhin startete die Krebshilfe die Online-Petition DON’T SMOKE, um das geplante Rauchverbot in der Gastronomie durchzusetzen. Diese Petition wurde eine der erfolgreichsten Online-Petitionen in Österreich und erzielte bis Februar 2018 insgesamt 468.222 Unterschriften.
- Trotzdem stimmten die Abgeordneten der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ im Nationalrat gegen das Rauchverbot.
- Daher reichten am 15. Februar 2018 Ärztekammer, Krebshilfe und OeGHO das Volksbegehren „DON’T SMOKE“ ein. Doch auch die folgenden 881.569 Unterschriften änderten nichts am Beschluss der verantwortlichen Politiker:innen, kein Rauchverbot einzuführen.
- Erst als im Zuge der Ibiza-Affäre die Regierung entlassen wurde, beschloss der Nationalrat das Rauchverbot in der Gastronomie.
Demonstration
Demos geben dir einen Rahmen, um dein(e) Anliegen öffentlich kundzutun.
Was ist eine Demonstration?
Eine Demonstration ist eine Kundmachung von Meinungen.
Was bringt eine Demo?
Demonstrationen haben oft keinen unmittelbaren Effekt, können ein Thema allerdings ins öffentliche Bewusstsein und in die Medien bringen, dadurch Druck aufbauen und so langfristig Änderungen herbeiführen.
Ist Demonstrieren ein Menschenrecht?
Ja. Eine Demonstration zu organisieren oder an einer Demonstration teilzunehmen, ist ein Menschenrecht.
Welche Regelungen gelten bei Demonstrationen?
Eine Demonstration ist kein „Freibrief“ für Fehlverhalten: Jede und jeder darf sich an einer Demonstration beteiligen, dabei aber keine Gesetze verletzen.
Wo melde ich eine Demo an?
Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen Demonstrationen vorher bei der Polizei angemeldet werden.
Drei bekannte Demos und ihre Wirkung
Parteien beitreten oder gründen
Einer Partei beizutreten oder gleich (d)eine eigene Partei zu gründen, sind zwei weitere Möglichkeiten, deine Anliegen in die Politik zu bringen.
Politisch aktiv werden
Du möchtest deine Anliegen nicht einfach nur in die Politik bringen, sondern selbst Politik machen? Wie es mit dem Schritt in die Politik klappt und was du über die politische Arbeit wissen musst, erfährst du in Kapitel 3 unseres Crashkurs: Politik in Österreich.