
Europa muss sich selbst verteidigen können
Alle wesentlichen Akteur:innen in der EU sind sich einig: Europa muss aufrüsten, und dafür braucht es Geld. Woher das kommen soll, darüber herrscht Uneinigkeit.
Mit der Angelobung der neuen Bundesregierung rücken Österreichs wirtschaftliche Herausforderungen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Dringend notwendig sind daher Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Die neue Bundesregierung war wenige Stunden im Amt, da hat sie aus den verschiedensten Richtungen schon den Ruf gehört, dass es „keine Schonfrist“ gebe. Immerhin darin sind sich der Boulevard und die Qualitätspresse einig.
Mit der Angelobung der neuen Bundesregierung rücken Österreichs wirtschaftliche Herausforderungen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die neue Regierung übernimmt das Ruder in einer Phase, in der die Konjunktur nach mehreren Krisenjahren spürbar angeschlagen ist. Der unangenehme Dreiklang lautet: Niedrige Investitionen, wieder höhere Inflation und ein angespanntes Budget. Insbesondere die Konjunktur läuft für österreichische Verhältnisse unterirdisch. Seit 2023 schrumpft die Wirtschaft, nicht so rasant wie in der Finanzkrise oder der Pandemie, aber doch spürbar.
Vor diesem Hintergrund erwarten sich viele von der neuen Regierung rasche Reformimpulse, um den Standort Österreich zukunftsfit zu machen und neues Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Tatsächlich ist wohl kein Moment besser als jetzt, um ein paar Weichen wirtschaftspolitisch richtig zu stellen.
Denn die Stimmung ist aktuell ziemlich am Boden. Überraschungen können daher fast nur positiv sein. Frühindikatoren deuten bis zuletzt nicht auf eine rasche Erholung hin. Die sogenannten Vertrauensindikatoren zeigen an, dass alle abwarten: Konsument:innen, Industrie, Bauwirtschaft. Anders ausgedrückt: Die Bundesregierung hat auch die Aufgabe, rasch zu zeigen, dass konkrete Projekte rasch angegangen werden. Zu tun gäbe es ja viel: Von einer Fachkräftestrategie zum Lindern des akuten Arbeitskräftemangels über eine Reform der Netzentgelte zur Abfederung der Inflation bis hin zu Reformen im Pensionsbereich, um Menschen länger in Beschäftigung zu halten und das Budget zu entlasten.
Auch bei der wohl wichtigsten wirtschaftspolitischen Kennzahl der vergangenen Jahre gibt es noch keine Entspannung. Die Inflation ist trotz des Rückgangs im vergangenen Jahr wieder auf dem Vormarsch: Im Februar 2025 ist sie auf 3,3 Prozent gestiegen – deutlich niedriger als zu Höchstzeiten, aber wieder deutlich über dem langfristigen Zielwert von 2 Prozent. Die Gründe dafür liegen in der verfehlten Inflationsbekämpfung der vergangenen Jahre. Temporäre Kostendämpfungen (etwa die Strompreisbremse) sind ausgelaufen, und der Staat kann sich eine Verlängerung nicht mehr leisten. Gleichzeitig steigen die Netzentgelte in ganz Österreich deutlich. Unterm Strich bedeutet das stark steigende Energierechnungen für Haushalte und Unternehmen in Österreich.
Gleichzeitig ist aber die Budgetlage so angespannt, dass traditionelles Gegensteuern über Gießkannenförderungen oder direkte Kostenübernahmen keine Option ist: Österreichs Defizit bewegt sich aktuell noch über der Maastricht-Grenze von 3 Prozent des BIP. Hohe Ausgaben in den Krisenjahren – etwa zur Abfederung der Pandemie und Teuerung – haben den finanzpolitischen Spielraum aufgezehrt. Auch die neuesten Daten zum Bundeshaushalt zeigen: Die Ausgabendynamik ist noch ziemlich ungebrochen, die neue Bundesregierung muss ihre Sparpläne rasch vorlegen. Die nüchterne Bestandsaufnahme lautet also: geringes Wachstum, nachwirkende Teuerung und ein enges Budgetkorsett.
Warum ist der Wirtschaftsstandort Österreich eigentlich derart ins Stocken geraten? Ein wesentlicher Grund war der fehlende Schwung bei strukturellen Reformen. Während viele EU-Länder in den letzten Jahren mutige Änderungen umgesetzt und sich in wichtigen Bereichen verbessert haben, ist Österreich oft stehengeblieben – und wurde dadurch überholt. Die Folge: Unsere Wettbewerbsfähigkeit hat gelitten. Gar nicht so sehr, weil die Verschlechterungen hierzulande so gravierend waren, sondern weil andere Länder ihre Hausaufgaben gemacht haben. Im internationalen Wettbewerbsfähigkeits-Ranking von IMD rutschte Österreich auf Platz 26 ab, nachdem es 2020 noch Rang 16 war. Dieser Abwärtstrend zeigt, dass ohne Erneuerung wichtige Standortvorteile verloren gehen.
Dringend notwendig sind daher Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken und Wachstumsbremsen lösen. Besonders der Bürokratieabbau muss ganz oben auf die Agenda: Überbordende Regulierungen und Verwaltungsaufwand belasten die heimische Wirtschaft zunehmend. Eine Entrümpelung der Bürokratie könnte Kräfte freisetzen – gerade für kleine und mittlere Betriebe, die unter unverhältnismäßigem Aufwand leiden – ohne das Budget zu belasten.
(Bild: Alina Steiner)
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