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Österreich und das Inflationsproblem

Die Inflation verfestigt sich in Österreich stärker als in der Eurozone. Die Kerninflation lag in Österreich im Dezember bereits um 2,4 Prozentpunkte über dem Eurozonen-Schnitt. So groß war der Abstand seit Einführung des Euro noch nie. Damit bestätigt sich, dass überdimensionierte Hilfspakete die Teuerung befeuern. Von Günther Oswald.

Foto: Mathieu Stern via Unsplash.

Die letzten Inflationsnews waren eigentlich schon beunruhigend genug. Die Jahresinflation für das Gesamtjahr 2022 lag laut Statistik Austria bei 8,6 Prozent – und damit auf dem höchsten Stand seit fast 50 Jahren. 

Zum Jahresende gingen die Teuerungsraten zwar leicht nach unten, es wäre allerdings deutlich verfrüht, das bereits als Zeichen der Entwarnung zu sehen. Der Grund: Die Kerninflation hat sich in Österreich verfestigt – und zwar wesentlich stärker als in anderen Euro-Ländern.

Wichtiger Indikator für Notenbanken

Die Kerninflation gibt an, wie stark die Preise steigen, wenn man die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel ausklammert. Dieser Indikator ist für die Notenbanken besonders wichtig, weil er Hinweise darauf liefert, wie stark die Inflation in der gesamten Volkswirtschaft, von den Industrie- bis zu den Dienstleistungssektoren angekommen ist. Und vor allem auch, wie groß das Problem abseits des Energiethemas ist, das in der politischen und medialen Wahrnehmung alles dominiert.

Wie sehen nun die Daten dazu aus?

Zu Jahresbeginn 2022, also vor Beginn des Ukrainekrieges und am Beginn der stark steigenden Energiepreise, wies Österreich eine Kerninflation von 2,8 Prozent aus. Der Durchschnitt der Euroländer lag damals bei 2,3 Prozent. Österreich lag also einen halben Prozentpunkt über dem Euroraum-Schnitt.

Über die Monate ist der Abstand sukzessive größer geworden. Zur Jahresmitte lag die Kerninflation in Österreich bereits bei 4,9 Prozent und damit um 1,1 Prozentpunkte über dem Durchschnitt des Euroraums. Im Oktober und November wuchs die Differenz dann bereits auf 1,8 Prozentpunkte an und im Dezember wurde eine neue Rekordkluft von satten 2,4 Prozentpunkten erreicht, wie am Mittwoch veröffentlichte Eurostat-Daten zeigen. Nicht zuletzt wegen dieser Entwicklung liegt die Inflation seit Jahresmitte auch insgesamt über dem Eurozonen-Durchschnitt.

Abstand groß wie nie zuvor

Nun lag die Inflationsrate in Österreich in der Vergangenheit oft höher als im Euroraum, so groß wie zuletzt war der Gap bei der Kerninflation allerdings noch nie seit Eurostat diese Kennziffer erhebt (Ende 2001).

Und auch im heurigen Jahr dürfte der Trend anhalten. In ihrer aktuellen Prognose geht die Österreichische Nationalbank (OeNB) davon aus, dass die Kerninflation in Österreich 2023 im Jahresdurchschnitt 5,6 Prozent ausmachen wird. Damit wird sie also voraussichtlich sogar höher liegen als im Vorjahr (5 Prozent). Für den Euroraum geht die Europäische Zentralbank in ihrer aktuellen Prognose hingegen nur von einer Kerninflation von 3,9 Prozent aus (nach 4 Prozent im Vorjahr). Die Kluft Österreich-Euroraum bleibt also groß.

Überdimensionierte Hilfen

Die Gründe für diesen Trend liegen auf der Hand. So hat die österreichische Regierung in den vergangenen Jahren inflationstreibende Politik betrieben. Corona- und Energiehilfen waren überdimensioniert, wenig treffsicher und haben so die Teuerung zusätzlich befeuert. Darauf hat im Dezember auch bereits der Umweltökonom Kurt Kratena in einer Analyse der Hilfsmaßnahmen für das Neos Lab hingewiesen.

Bezahlen werden die Gießkannenpolitik am Ende die Steuerzahler. Mittelfristig führt der Inflationsschock zu einer deutlichen Verschlechterung des Budgetsaldos und ab 2026 zu einem Anstieg der Schuldenquote, wie es in einer aktuellen Analyse der OeNB heißt. Auch die EU-Kommission hat der heimischen Politik zuletzt empfohlen, stärker auf Ausgabendisziplin zu achten.

Gefahr für Wettbewerbsfähigkeit

Passiert das nicht, wird die Wettbewerbsfähigkeit des Landes leiden. Zwar haben auch alle europäischen Nachbarn mit hohen Energiekosten zu kämpfen (die EU-Mitglieder ohne Euro verzeichnen sogar höhere Inflationsraten), wenn sich die Inflation bei uns aber stärker und länger in allen Bereichen des Wirtschaftslebens verfestigt, wird es für die heimischen Unternehmen schwieriger, konkurrenzfähige Preise anbieten zu können.

Diese Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit kommt angesichts der jüngsten Ergebnisse in Standortrankings zur Unzeit. Laut dem aktuellen Wettbewerbsradar des Wifo hat sich die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Standortes zuletzt signifikant verschlechtert. Auch im Competitiveness Index von EcoAustria verzeichnete Österreich eine deutliche Verschlechterung.

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