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Teure Wahlzuckerl gefährden das Budget

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Österreich steht finanziell schlechter da als budgetiert. Der Fiskalrat, die unabhängige Aufsicht über die österreichischen Staatsfinanzen, warnt gerade nicht nur wegen höherer Staatsverschuldung, sondern auch vor teuren Wahlgeschenken. Er kritisiert, was in den letzten Jahren vor Wahlen zunehmend zur Normalität geworden ist: der Beschluss populärer „Wahlzuckerl“ – Maßnahmen, die die Gunst einiger Wähler sichern sollen, jedoch langfristig das Budget und damit alle Steuerzahler belasten.

Der Fiskalrat zeigt auf, dass die Kosten für Wahlgeschenke vor den letzten vier Nationalratswahlen das Budget stärker beansprucht haben als das gesamte Bundesheer. 2024 ist das Bundesbudget mit 4,15 Milliarden Euro wegen dieser „Zuckerl“ belastet. Das ist rund viermal so viel wie der vielgepriesene „Zukunftsfonds“ heuer ausmacht. Dies wirft natürlich ernste Fragen nach der Prioritätensetzung in der österreichischen Politik auf, wie wir in der Kronen Zeitung kommentierten.

Die Wahlzuckerl aus 2019 waren besonders teuer. Die Maßnahmen zur Pflegegeldvalorisierung, Erhöhung des Pensionistenabsetzbetrags, Erhöhung des Verkehrsbetriebszuschlags und Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen kosten 2024 insgesamt 1,215 Milliarden Euro. Diese Wahlzuckerl erhöhen die Ausgaben permanent.

Politik vs. Ökonomie

Die Praxis, Wahlzuckerl zu verteilen, kann kurzfristig für eine politische Partei attraktiv sein, da sie Wählerstimmen verspricht. Jedoch widerspricht diese Vorgehensweise allen Grundsätzen einer verantwortungsbewussten Finanzpolitik: Eine solche strebt langfristig orientierte Zukunftsausgaben, Entlastung und Generationengerechtigkeit an. Stattdessen wird die Last auf die kommenden Regierungen und Steuerzahler abgewälzt und damit auf die junge Generation verlagert, die später für die jetzigen Entscheidungen zahlen muss. 

Diese Tendenz ist nicht neu, wie die Analyse des Fiskalrats mit Blick auf die Vergangenheit zeigt. Schon bei den Wahlen 2008 und 2013 wurden erhebliche Summen für Wahlgeschenke aufgewendet. Die Umstellung der Medikamentenumsatzsteuer und die Einführung der 13. Familienbeihilfe sind Beispiele für populäre Maßnahmen, die ergriffen wurden, um in Wahlkämpfen Argumente zu haben, aber die Budgetdisziplin untergraben haben, weil es keine Gegenfinanzierung gab. 

Dass der Fiskalrat heute einen fiskalpolitischen Paradigmenwechsel wünscht und fordert, dass Ausgaben durch Einnahmen gedeckt sein sollten, überrascht wenig. Sein Präsident Christoph Badelt kennt das Budget und weiß, dass Österreich auf eine budgetpolitische Krise zusteuert. Hohe Einnahmen, noch viel höhere Ausgaben und daher hohe Neuverschuldung gehen einher mit unterdurchschnittlichen Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Das ist zukunftsvergessen. Wie das NEOS Lab auch in der jüngsten Analyse zur Zukunftsquote gezeigt hat, ist eine zukunftsorientierte Wende in der Budgetpolitik noch weit entfernt, denn es steigen vor allem jene Ausgaben, die eher vergangenheitsorientiert sind.

Reform? Besser heute als morgen

Die Daten des Fiskalrats untermauern die Dringlichkeit einer Reform, denn die Kosten der vergangenen „Zuckerl“ wachsen Jahr für Jahr deutlich. Bereits 2026 werden es über fünf Milliarden Euro sein, zeigen unsere Berechnungen auf Basis der Analyse des Fiskalrats. Die Mehrheit im Parlament sollte heuer den Mut zur Ehrlichkeit haben, dass sich Wahlgeschenke 2024 nicht ausgehen.

„Wahlzuckerl“ seit 2008 im Überblick

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Ein verantwortungsvoller Umgang mit öffentlichen Geldern sollte Standard sein. In einer Zeit, in der viele Herausforderungen einen gewissen Budget-Spielraum brauchen, ist es unerlässlich, dass Österreichs Politik das hart erarbeitete Steuergeld der Menschen klug und mit Blick auf die Zukunft einsetzt. Die Politik sollte dabei den Mut haben, kurzfristig populäre, aber langfristig kostspielige Maßnahmen zu hinterfragen und stattdessen in die Zukunft des Landes zu investieren.

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