„Ich bin optimistisch, was Europa betrifft“ – Rede an die Freiheit 2025
Marta Kos hält die Rede an die Freiheit 2025
Warum Hoffnung für Freiheit so wichtig ist
EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos hielt am 13. November 2025 die diesjährige Rede an die Freiheit und forderte dabei vom liberaldemokratischen Europa mehr Selbstbewusstsein ein. Ein Plädoyer, das in der anschließenden Podiumsdiskussion im österreichischen Parlament deutlich nachhallte.
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Wie jedes Jahr organisierte das NEOS Lab auch heuer die Rede an die Freiheit, die am 13. November 2025 die EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos im österreichischen Parlament hielt. Knapp 200 Gäste ließen sich von ihren zugleich unverblümten und visionären Worten mitreißen. Im Publikum saßen neben der interessierten Öffentlichkeit auch einschlägige Expert:innen sowie Vertreter:innen von 30 Botschaften aus Europa und Übersee. Garantiert war im Parlament – als dem Ort der Demokratie – ein Austausch auf höchstem Niveau. Im Fokus stand der EU-Erweiterungs- aber auch -Integrationsprozess.
In ihrer Rede an die Freiheit stellte Marta Kos viele persönlich gefärbte Bezüge zur Vergangenheit her. Als Slowenin verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend im ehemaligen Jugoslawien, und das an der Grenze zu Österreich, also auf der anderen Seite des geteilten Europas. Den Fall des Eisernen Vorhangs erlebte sie als Journalistin in Deutschland und wusste, dass die ersten EG-Beitrittsgespräche mit dem unabhängigen Slowenien noch während der jugoslawischen Zerfallskriege geführt wurden. Eine Parallele zog sie zur aktuellen Situation der Ukraine. Denn auch diese befindet sich mit EU-Vertreter:innen im stetigen Austausch über einen möglichen EU-Beitritt, inmitten der aggressiven russischen Invasion. Im Gegensatz zur großen Erweiterungswelle von 2004 geht es beim aktuellen Erweiterungsprozess schon längst nicht mehr um Wirtschaftsaufschwung allein, sondern vielmehr um Sicherheit in Europa und europäische Sicherheitspolitik. Denn das freie Europa ist heute von einer deutlich feindlicheren, sprich autokratischen, Nachbarschaft umgeben.
Dass der Einsatz, ja Kampf für Freiheit tagtäglich stattfindet, verdeutlichte die anschließende Podiumsdiskussion unter der Moderation von NEOS-Lab-Geschäftsführerin Helga Pattart-Drexler. Einmal mehr betonte Marta Kos, dass Frieden etwas sei, das wir alle als „zu selbstverständlich nehmen“. Umgekehrt seien wir der Möglichkeit, die Vereinigten Staaten von Europa zu formieren, noch nie so nah gewesen, so Kos. Für Beate Meinl-Reisinger, NEOS-Parteichefin und Außenministerin der ÖVP-SPÖ-NEOS-Dreierkoalition, findet der Kampf um die freie Meinungsäußerung und liberale Demokratie sogar im Stundentakt statt; denn „Rechtsextreme und Nationalisten fluten stündlich die sozialen Medien und Plattformen mit ihrer Propaganda“. Helmut Brandstätter, MEP und NEOS-Lab-Präsident, betonte daran anschließend, dass man mit dem neuen Europäischen Schutzschild für die Demokratie (European Democracy Shield) Desinformation und Propaganda gezielt nachverfolgen und aufdecken könne. Gegen das Business-Modell von sozialen Plattformen, nämlich „Hass zu streuen“, könne man nur gemeinsam vorgehen, und zwar auf europäischer Ebene.
Laut Marta Kos hat die EU die breiten und von Russland aus gesteuerten Desinformationskampagnen „zu lange“ als innenpolitisches Problem verharmlost und folglich nichts gegen den Brexit oder die Abkehr Georgiens vom europäischen Weg unternommen. „Zum Glück“ habe sich das im Fall der Republik Moldau geändert, indem dieses Land mit EU-Geldern gegen die hybriden Angriffe Russlands geschützt und bei umfangreichen Reformprozessen unterstützt werde. Insgesamt forderte Kos eine offene, faktenbasierte Debatte über all die absurden, populistischen und antidemokratischen Lügen. Alle drei Panelist:innen stimmten darin überein, dass man jetzt das Vertrauen der Menschen (wieder) gewinnen müsse. Auf Regierungsebene bedeute das laut Beate Meinl-Reisinger, zu arbeiten und Ergebnisse zu liefern, und auf europäischer Ebene, den Binnenmarkt, die Erweiterung und die gemeinsame Sicherheit und Verteidigung voranzubringen. Unerlässlich sei, so Helmut Brandstätter, eine „offene Gesellschaft, wo alles transparent“ ablaufe. Politiker:innen dürften eben nicht zu weit weg sein von den Alltagssorgen der Menschen.
Da Freiheit auch immer mit Verantwortung einhergeht, fragte die NEOS-Lab-Geschäftsführerin Helga Pattart-Drexler abschließend nach dem individuellen Beitrag von uns allen. Beate Meinl-Reisinger nannte dabei Bürger:innenräte als positives Beispiel, wie Menschen für aktives Mitgestalten von Politik begeistert werden können. Aktive Bürger:innenbeteiligung unterstrich auch Helmut Brandstätter, genauso wie ein klares Bekenntnis zum gemeinsamen Europa. Denn wir bräuchten einerseits einen ehrlichen Dialog über all die negativen Folgen, die neue Grenzen in Europa mit sich bringen würden. Andererseits müssten wir das gemeinsame Projekt Europa stärker emotional aufladen, ganz im Sinne von „leben, lernen, lieben“. Marta Kos verwies auf aktuelle Eurobarometer-Umfragen, wonach eine breite an die EU gerichtete Erwartungshaltung bestünde, sich um die großen Probleme wie Sicherheit, Grenzschutz und Klimawandel zu kümmern. In diesem Sinn forderte sie dazu auf, stolz zu sein auf die vielen europäischen Errungenschaften der Vergangenheit, auf die vielen Sprachen, Diversität, Kultur und Innovation. Und schließlich: „Wir müssen endlich davon sprechen, dass wir eine Superpower sind. Wir sind stark, wir sind verschieden und wir haben eine Geschichte. Wir haben es in der Vergangenheit geschafft. Wir werden es in Zukunft schaffen.“ Supermacht und Selbstermächtigung sind also der Schlüssel für ein geeintes, starkes Europa – und der Weg dorthin: ein europäisches Selbst-Bewusstsein.