Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vor einem Jahr sprach der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz umgehend von einer „Zeitenwende“. Dabei geht es vor allem um die Erhöhung der Militärbudgets. Doch die sieht der Vorsitzende des Beirats des International Institute for Peace (IIP) kritisch. Denn Russland habe mit dem Angriff auf die Ukraine bewiesen, dass es nicht wirklich in der Lage sei, einen konventionellen Krieg zu gewinnen. „Ich glaube nicht, dass der Rest Europas direkt gefährdet ist, da Russland die Kapazitäten nicht hat.“
Außerdem dürfe man nicht den Fehler machen, die Zeitenwende im Sinne Putins zu verstehen. Der russische Präsident habe Krieg und Blockteilung wieder nach Europa gebracht. Die EU solle sich weigern, diese Realität zur neuen Norm zu machen und keinen neuen Eisernen Vorhang bzw. Cordon Sanitaire als gegeben zu akzeptieren.
Ein neuer Eiserner Vorhang ist eines von mehreren Szenarien, wie der Krieg enden könnte: eine Teilung Europas von der Arktis bis zum Schwarzen Meer, entlang der Linien, wo aktuell die Armeen stehen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Russland sich in Richtung Nordkorea entwickelt, politisch isoliert, aber mit Atomwaffen ausgestattet: „Schon jetzt ist Russland international isoliert“, so Gärtner. Ein wirtschaftlich und diplomatisch schwaches Russland wäre aber nach dem Krieg auch eine Gefahr für Europa.