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Warum es den internationalen Austausch braucht

Silvia Nadjivan
Silvia Nadjivan

Die Herausforderungen sind ähnlich, die Lösungen eigentlich auch. Und doch fehlt es oft am europäischen Austausch zu gemeinsamen liberalen Strategien. Eine wichtige Vernetzungsmöglichkeit bot daher die Konferenz des Republikon Instituts im September in Budapest. Ein Lokalaugenschein.

Den Ausgangspunkt dieser Konferenz bildeten die Europawahlen letzten Juni, bei der rechtspopulistische Parteien deutlich an Stimmen gewonnen hatten. Nicht zu Unrecht ging es um die Frage „Renew or patriotism – where is Europe going next?“. In zwei Panels wurden die politischen Entwicklungen in Ungarn und seinen Nachbarländern analysiert, einmal mit internationalen Expert:innen, dann mit renommierten Politikbeobachter:innen und einstigen Stakeholdern vor Ort. Deutlich wurde dabei, dass die Probleme mit steigenden Populismen doch sehr ähnlich sind, europaweite Netzwerke zum Ausbau liberaler Gegenstrategien jedoch noch ausbaufähig sind.

Liberale Grenzüberschreitungen dringend nötig

Spannend war im ersten Panel zu erfahren, was alles in den Visegrád-Ländern plus Österreich parallel abläuft und wo Handlungsbedarf besteht. So beschrieb Silvia Nadjivan vom NEOS Lab das angesichts der heranrückenden Nationalratswahlen in Österreich bestehende Risiko von „Ibiza 2.0“.

Die Mühen der liberaldemokratischen Regierung unter Donald Tusk seit der Abwahl der autokratischen PiS-Regierung 2023 in Polen erklärte der Sozialwissenschafter und Journalist Piotr Beniuszys. Nicht weniger problematisch ist der 2021 zwar abgewählte, aber nach wie vor einflussreiche ehemalige rechtspopulistische Premier Andrej Babiš (mit seiner ANO-Partei inzwischen bei den Patrioten für Europa), wie Vendula Kazlauskas, Projektmanagerin und Wissenschafterin bei AMO (Association for International Affairs), erzählte. Dass ein Dialog auf Augenhöhe mit allen Menschen im Land wichtig ist, wusste der Parlamentsabgeordnete Branislav Vančo von der Partei Progressive Slowakei, aus eigener Erfahrung. Und wie geschwächt die liberale Partei Momentum seit den Europawahlen ist und dass ein weiterer rechtspopulistischer Herausforderer keine liberaldemokratische Alternative zu Viktor Orbán in Ungarn darstellt, erzählte der Politikexperte Zoltán Ranschburg von Republikon. Klar wurde es daher in der von Márton Schlanger, Researcher von Republikon, moderierten Diskussion, dass es genau jetzt grenzüberschreitende liberale Konzepte braucht.

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Antieuropäische Zukunft befürchtet

Aufschlussreich war auch die vertiefende Diskussion zu Ungarn im zweiten Panel, übrigens auf Ungarisch mit englischer Simultandolmetschung. Kein Blatt vor den Mund nahmen sich bei ihrer kritischen Bestandsaufnahme Herman János, ehemaliger EU-Botschafter in Georgien, und István Szent-Iványi, ehemaliger EU-Abgeordneter der von ihm gegründeten Liberalen Partei in Ungarn. Die beiden Journalist:innen sowie langjährigen Politikbeobachter:innen Zsolt Kerner und Kocsis Györgyi zeichneten ein genauso besorgniserregendes Bild zur innenpolitischen sowie europäischen und internationalen Lage Ungarns. Besondere Bedeutung erhielten nicht nur die bevorstehenden US-Wahlen, sondern auch die österreichischen Parlamentswahlen, weil Orbán bei seiner antieuropäischen Politik mit einem möglichen Kanzler Herbert Kickl einen wichtigen Verbündeten im Europäischen Rat gewinnen und damit die EU noch stärker torpedieren könnte. Keine rosigen Aussichten also.

Ein Hauch von Samizdat

Symbolträchtig war der Veranstaltungsort selbst, das Café Magvető mit einem integrierten Buchgeschäft. Angesiedelt in einer unscheinbaren Gasse im idyllischen jüdischen Viertel von Budapest, rekurriert dieses Café auf die jahrzehntelange Tradition des Eigentümers, und zwar des großen Literaturverlags Magvető. Umgeben von den vielen Büchern und der Möglichkeit, bei Kaffee und Kuchen in einzelnen Werken zu schmökern, konnte man einen gewissen Hauch von Samizdat einatmen. Die Erinnerung an Kaffeehäuser als semi-öffentliche Räume im Staatssozialismus, in denen man über nonkonforme, Samizdat (Selbstverlag) Bücher diskutieren und so den oppositionellen Geist stärken konnte. Die Diskussion über Orbán im eigenen Land ließ ähnliche Assoziationen aufkommen und damit die Erkenntnis zum dringenden liberalen Handlungsbedarf, auch über die europäischen Grenzen hinaus.

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