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Der Gazprom-Vertrag: Ein Tiefpunkt der österreichischen Energiepolitik

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Vor fünf Jahren wurde der Gasliefervertrag zwischen OMV und Gazprom bis 2040 verlängert – und führte Österreich in die energiepolitische Abhängigkeit von Russland.

Bild: Geralt, pixabay.com

Die Fotos waren im letzten Jahr oft zu sehen: Rainer Seele, damaliger OMV-CEO, und Alexey Miller, Vorsitzender des Gazprom Management Committee, unterzeichneten am 5. Juni 2018 die Verlängerung des Gasliefervertrags zwischen Österreich und Russland bis 2040; im Hintergrund Wladimir Putin und der damalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das ist nun fünf Jahre her, und in diesen fünf Jahren hat sich viel getan. Warum der Vertrag damals bereits verlängert wurde, obwohl er ohnehin noch bis 2028 gelaufen wäre, ist inzwischen Gegenstand zahlreicher politischer Debatten – und Possen: Die genauen Inhalte des Vertrags will von der Regierungsspitze abwärts niemand kennen

Dieser auf dem Foto festgehaltene Moment stellt einen Tiefpunkt der österreichischen Energiepolitik dar, die planlos agierte und zu diesem Zeitpunkt von russischen Interessen gekapert war. „Ein Meilenstein für die Sicherung der künftigen Energieversorgung Österreichs und Europas“ sollte der Vertrag sein, schrieb die OMV damals in einer Aussendung, doch war er alles andere als das. 

In der Realität nutzte Putins Russland via Gazprom die Marktmacht bei Pipeline-Gas aus, um Europa zu erpressen. Bereits lange vor dem Überfall auf die Ukraine wurden Gazprom-Speicher leergelaufen, um die Versorgungslage zu destabilisieren.

Dass Österreich den Winter 2022/23 trotzdem vergleichsweise gut überstanden hat, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: einerseits haben milde Temperaturen die Nachfrage in der Heizsaison reduziert. Andererseits war (US-amerikanisches) LNG-Gas wichtiger Ersatz für das russische Pipeline-Gas und Einsparungen haben die Nachfrage gedämpft. So wurde das Schreckensszenario eines „Energielenkungsfalls“, d.h. staatliche Gas-Abschaltungen, vermieden.

Wir zahlen für Putins Krieg

Die Gasimporteure und deren Kund:innen bezahlen aber in erklecklichem Ausmaß für Putins Kriegswirtschaft, und damit auch für seinen Krieg. Österreich gehört dabei zu den unrühmlichen Spitzenreitern bei den Gasimportkosten pro Kopf, wie auch Markus Hametner für die SZ recherchierte. Allein die OMV berichtete 2022 von 6,8 Milliarden Euro an Gasimport-Kosten. 

Dass die Zahlungen österreichischer Importeure an Russland die bilateralen Hilfen an die Ukraine deutlich in den Schatten stellen, wird sich also auf absehbare Zeit nicht ändern.

Wenig Debatte

Was sich hingegen jedenfalls ändern sollte, ist, dass es so wenig Debatte um eine aktive Diversifizierung der Gasimporte weg von Russland gibt. Die Bundesregierung tut gern so, als wären die OMV-Gazprom-Verträge Gesetz und unverrückbar, und das, obwohl die Gazprom im Vorjahr auch Österreichs Lieferungen drosselte und sich somit nicht an den Vertrag gehalten hat.

Und so ist Österreich neben Ungarn und der Slowakei das wohl letzte EU-Land, das signifikant auf Gas aus Russland setzt.

Während der Anteil von Gas aus Russland in der EU im Schnitt der letzten drei Monate bei rund 10 Prozent lag, waren es in Österreich 65 Prozent.

Diese hohe Abhängigkeit gefährdet auch die Energiesicherheit. Denn dass die Gazprom kein vertrauenswürdiger Lieferant mehr ist, war ja seit 2021 bekannt und wurde seit 2022 auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert. Dazu kommt natürlich, dass Russlands Angriffskrieg auch direkt die Energiesicherheit gefährdet. Ein Schaden der Pipeline im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen ist nie auszuschließen und könnte zu einer kurzfristigen Sorge um die Energiesicherung – und steigenden Preisen – führen. 

Früher Schluss als geplant?

Doch auch die andere Seite könnte die Gaslieferungen aus Russland stoppen. Die Gaspipelines nach Österreich verlaufen schließlich durch die Ukraine und die Slowakei. Diese Transportroute könnte jedoch bald geschlossen werden.

Am 31. Mai sagte Gerhard Roiss, ehemaliger CEO der OMV, dass es bereits 2024 so weit sein könnte: Der stellvertretende ukrainische Energieminister Yaroslav Demchenkov habe ihm gesagt, dass die Transitverträge zwischen Russland und der Ukraine bereits 2024 auslaufen und ganz sicher nicht verlängert werden. 

In seiner Stellungnahme auf LinkedIn erläutert Demchenkov: Zu hoffen, dass die Gazprom ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Partnern, darunter Österreich, einhalten werde, sei wie Russisches Roulette. Er stellt klar, dass die Ukraine keine Geschäfte mit Russland machen werde, solange der Krieg andauere.

Gerhard Roiss über die Transitverträge

poster

Dass Österreich von der Gazprom wegkommen sollte, ist also klar. Wie das gelingen kann, haben wir uns bei einer aktuellen Veranstaltung angesehen.

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