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Kampf gegen die Inflation: Wie er wirklich zu gewinnen wäre

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Von Sommerloch ist 2023 in der Inflationsbekämpfung wenig zu spüren. Nach der US-Notenbank setzt nun die Europäische Zentralbank den Kampf gegen die hohe Inflation mit einer weiteren Zinserhöhung fort. Was das für Österreichs Wirtschaftspolitik, Unternehmen und Haushalte bedeutet.

Foto: Anne Nygård, pexels.com

Beginnen wir mit der guten Nachricht. Hebt die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen an, leistet sie einen Beitrag dazu, dass die Inflationsrate weiter fällt. Zwar hat sie mit den Zinserhöhungen zu spät begonnen und mit ihrer jahrelang sehr lockeren Geldpolitik auch einige Quellen der heutigen Teuerung geschaffen. Aber nun geht es in die richtige Richtung.

Die US-Notenbank ist bei der Inflationsbekämpfung übrigens schon weiter: In den USA liegt die Inflationsrate nur noch bei 3 Prozent. Doch nicht überall sinkt die Teuerung schon so deutlich. In Österreich haben sich die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr zuletzt noch immer um 8 Prozent verteuert. In der Eurozone sind es immer noch 5,5 Prozent. Der Zielwert der EZB ist eine Inflation von gerade einmal 2 Prozent pro Jahr. 

Was höhere Zinsen bewirken

Höhere Zinsen sollen Kredite verteuern und so die Nachfrage dämpfen. Denn wenn es teurer wird, Geld auszuborgen und auszugeben, wird das auch die Nachfrage dämpfen. Dieser Effekt der höheren Zinsen ist in Österreich bereits spürbar, darauf weist etwa die „Presse“ zu Recht hin. Die Vergabe neuer Wohnbaukredite ist zuletzt deutlich zurückgegangen, auch Konsumkredite haben sich verteuert. Preise sinken bekanntlich entweder, weil das Angebot steigt oder die Nachfrage fällt. Da keine Notenbank der Welt auf Erdgasreserven sitzt, die sie fördern und so für niedrigere Gaspreise sorgen kann, ist es auch in einer Energiekrise die Aufgabe der Notenbank, vor allem einen Beitrag zu weniger Nachfrage zu leisten. Denn wenn weniger verbraucht wird, sorgt das für niedrigere Preise. 

Allerdings hat der Staat bis zuletzt die Versuche der Geldpolitik, die Inflation in den Griff zu bekommen, durchaus konterkariert und den Konsum mit Helikopter-Geld in Form von Gutscheinen angefacht. So zeigt sich etwa bei der jüngsten Mittelfristprognose des WIFO, dass die Konsumausgaben in Österreich 2022 um satte 12,3 Prozent gestiegen sind. Hierzulande dürfte die Teuerungsrate auch weiterhin langsamer zurückgehen als anderswo, warnen die Wirtschaftsforscher:innen. Das WIFO rechnet bis 2027 nicht damit, dass die Inflationsrate unter 2 Prozent fällt.

Was die Wirtschaftspolitik in Österreich beitragen kann

Die Wirtschaftspolitik könnte natürlich etwas dazu beitragen, indem sie die Förder-Gießkanne weniger gut füllt. Tatsächlich spricht der Finanzminister immer wieder darüber, dass man jetzt einen vernünftigen Budgetpfad einschlagen müsse. Doch die jüngsten Verhandlungen mit den Bundesländern und Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs sowie die sich abzeichnenden Diskussionen um die nächsten Pensionsanpassungen vor einem großen Wahljahr lassen Zweifel aufkommen, ob es wirklich zu einem „Sparkurs“ kommt. Die Sorge muss eher sein, dass die Wirtschaftspolitik vor den Wahlterminen 2024 noch einmal schuldenfinanziert viel Geld verteilt, um sich gegen die drohende Rezession zu stemmen – obwohl die Inflation immer noch viel zu hoch ist. 

Dabei ist auch in Österreich klar, wie der Inflation beizukommen ist:

  • Steigende Zinsen. Die Geldpolitik der EZB wird auch in Österreich die Kreditvergabe abbremsen und somit die Nachfrage nach Häusern oder Konsumgütern dämpfen. Einige Zinsschritte werden wohl noch folgen und die Finanzierungskosten etwa für Immobilienkäufe erhöhen. Will die Politik hier gegensteuern, sollte sie vor allem die hohen staatlich bedingten Nebenkosten des Immobilienkaufs senken, bevor sie die Kreditvergaberegeln lockert und damit die Schuldenlast erhöht.
  • Mehr Angebot. Insbesondere bei Energie sind die Preise immer noch deutlich über dem Niveau von 2019. Gas ist etwa auch an den Großmärkten immer noch dreimal so teuer wie vor Beginn der Inflationskrise. Alternative Energieformen auszubauen und mehr Energieangebot sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass in Europa die Preise wieder sinken.
  • Ausgaben bremsen und Gießkanne weniger füllen. In Österreich hat es Doppel- und Dreifach-Förderungen sowie wenig treffsichere Dämpfungsmaßnahmen gegeben, das hat die Teuerung zusätzlich angeheizt. Weil die Preissteigerungen so ungleich verteilt sind, fühlt es sich für viele Menschen immer noch so an, als wäre die reale Teuerung viel höher. Maßnahmen per Gießkanne können daran aber nichts ändern, ohne die Inflation für alle anzuheizen.
  • Weniger staatlich getriebene Inflation. Der Staat heizt nicht nur mit Förderungen und Helikoptergeld die Teuerung an, sondern auch als Wirtschaftsakteur. Dass die öffentliche Hand mitten im größten Arbeitskräftemangel zehntausende neue Mitarbeiter:innen in der Verwaltung sucht, verschärft auch Knappheiten in der Wirtschaft. Auch bei den eigenen Preisen muss die öffentliche Hand weniger zupacken, um die Inflation zu dämpfen.
  • Mehr Wettbewerb. Apropos Staat. Der ist ja bekanntermaßen ein zentraler Akteur in der Energiewirtschaft. Allerdings führen die staatlichen Quasi-Monopole ein zu bequemes Dasein, der Wettbewerb zwischen Energieanbietern funktioniert nicht gut genug, und Förderinstrumente wie die Stromkostenbremse haben ihn zusätzlich ausgesetzt. Es braucht mehr Wettbewerb und Wettbewerbsbehörden mit schärferen Instrumenten. Auch im Handel oder bei Dienstleistungen können mehr Wettbewerb und Transparenz nachhaltig die Preise dämpfen.
  • Mehr Anreize fürs Sparen. Auch Haushalte sollten in den Blick genommen werden. Die aktuelle Phase eignet sich perfekt, um über Sparanreize nachzudenken, beispielsweise für die Altersvorsorge. Warum? Wird von jenen Menschen, die es können, ein bisschen mehr gespart, geben diese weniger Geld aus und dämpfen damit die Nachfrage und so die Preise für diejenigen, die nicht sparen können. Die Regierung hat sich etwa vorgenommen, die Behaltefrist wieder einzuführen – ein Kapitalertrag mit Aktien wäre ab einer gewissen Behaltedauer damit steuerfrei. Passiert ist noch nichts.

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