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Wie viele Milliarden zahlen wir für Putins Krieg?

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Die stark gestiegenen Preise für Gas und Öl werden unsere Zahlungen an Russland für 2022 weiter in die Höhe schrauben. Schätzungen des NEOS Lab zeigen, dass wir heuer mehr als sieben Milliarden Euro für russisches Erdgas bezahlen könnten, wenn die Preise so hoch bleiben wie an den Futures-Märkten vorgesehen. Von Lukas Sustala

Photo by Karollyne Hubert on Unsplash.

Der Historiker Timothy Garton Ash hat es diese Woche als eine tragische Situation beschrieben. Die Menschen in Österreich oder Deutschland finanzieren mit ihren Gasrechnungen gerade den Krieg von Wladimir Putin.

Nun mag Putin kurzfristig auch ohne Euros seine Soldaten bezahlen können, doch eines steht außer Zweifel: Wir stabilisieren die russische Wirtschaft gerade mit Milliardenzahlungen, während wir zugleich versuchen, mit dem fünften Sanktionspaket eben diese Wirtschaft zu treffen. Das zeigt sich etwa an dem Rubel-Wechselkurs, der sich nach einem massiven Einbruch in den vergangenen Wochen stabilisierte. 

Europa dürfte bis Oktober 2022 fast 40 Mrd. Dollar an Russland überweisen müssen, um die Gasspeicher, wie vereinbart, wieder auf 80% anzufüllen. Das hat der renommierte Analyst Javier Blas berechnet. Auf Basis der österreichischen Speicherkapazitäten würde das bedeuten, dass Österreich rund drei bis 3,5 Mrd. Euro in den nächsten sechs Monaten an Russland überweisen muss, um die Gasspeicher zu füllen.

Rekordjagd bei den Gas-Importkosten

Die gestiegenen Gaspreise haben bereits bis Jänner die Importkosten für russisches Gas massiv erhöht. Zwar ist russisches Gas immer noch günstiger als Flüssiggas, doch die Preise sind auf Basis der mit Gazprom verhandelten Formeln offenbar deutlich gestiegen. Während die abgenommene Gasmenge im Schnitt der Wintermonate Oktober bis Jänner (2021/22) sogar niedriger war als im Jahr zuvor, waren die Kosten des importierten Gases in diesem Winter viermal so hoch wie noch 2020/21. Erstmals haben österreichische Importeure im Jänner mehr als 700 Millionen Euro für russisches Erdgas bezahlt.

Unbequeme Wahrheit: 7 Mrd. Euro für den russischen Krieg

Auf Basis der aktuellen Außenhandelsdaten hat das NEOS Lab berechnet, wieviel Österreich auf Basis der aktuellen Erdgas-Preise in Europa an Russland bezahlen wird, wenn wir annähernd so viel Gas aus Russland beziehen wie vor dem Krieg und unter der Annahme, dass es nicht zu einem Preisverfall bei Erdgas kommt – und zu keinem Lieferstopp. In diesem Fall steigen die Zahlungen Österreichs an Russland über ein Jahr von rund drei Milliarden Euro 2021 auf mehr als sieben Milliarden Euro heuer (siehe Grafik). 2020 war es – auch pandemiebedingt – noch rund eine Milliarde Euro.

Es ist klar, dass das eine erhebliche Mehrbelastung der österreichischen Volkswirtschaft ist, ein massiver Handelsschock, vergleichbar mit den Ölpreisschocks in der Wirtschaftsgeschichte. Auf den einzelnen Bürger, die einzelne Bürgerin heruntergebrochen steigt die russische Gasrechnung im Schnitt um mehrere hundert Euro. Doch der Schnitt verschleiert, dass viele Unternehmen und Haushalte direkt von massiven Preissteigerungen betroffen sein werden und andere weniger. In unserer Policy Note etwa haben wir bereits ausführlich geschildert, in welchen Bundesländern die Betroffenheit in der Industrie bzw. bei den Haushalten besonders hoch ist.

Das Problem mit den hohen Gaszahlungen

Die hohen Kosten für russisches Erdgas heizen nicht nur bei uns die Inflation an, sondern stabilisieren auch die russische Kriegswirtschaft. Zwar kann Russland nicht mehr auf die rund 620 Mrd. Euro an Währungsreserven der Zentralbank zugreifen, doch monatlich fließen derzeit historisch hohe Summen nach Russland, für Energieträger wie Gas und Öl.

Das ist nicht nachhaltig. Daher prüfen die EU-Ministerräte aktuell weitere Sanktionen, die auch den Energiesektor (zunächst Öl) treffen sollen. Einigung gibt es dabei aber noch keine. Die von Timothy Garton Ash erläuterte „tragische Situation“ dürfte also noch aufrecht bleiben.

McWilliams, B., Sgaravatti, G., Tagliapietra, S. and G. Zachmann (2022): Preparing for the first winter without Russian gas. Bruegel Blog, 28 February

Feierabend, Dieter (2022): Wie unterschiedlich der Energieschock die Bundesländer trifft. NEOS Lab Policy Note. 

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