Ein Policy Brief von Günther Oswald
Österreich hat im europäischen Vergleich eine der höchsten Staatsausgaben. Wofür wir Geld ausgeben und ob damit der bestmögliche Nutzen gestiftet wird, wird aber häufig nicht hinterfragt. Auf Basis der Budgetdaten für die Jahre 2013 bis 2022 wird in dieser Studie eine sogenannte Zukunftsquote für den österreichischen Bundeshaushalt errechnet. Das zentrale Ergebnis: Nur jeder fünfte Euro an Staatsausgaben wird für zukunftsorientierte Bereiche wie Klimaschutz, Elementarpädagogik oder Forschung ausgegeben.
Auch das Budget 2023 wurde schon mit dieser Methodik analysiert: Nachzulesen auf unserem Blog.
Die Studie im Überblick
Es ist mittlerweile genau 30 Jahre her, seit Österreich das letzte Mal die Maastricht-Zielmarke einer Staatsschuldenquote von unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht hat. Seither ist der Schuldenberg der Republik sukzessive angewachsen. In den Jahren nach Ausbruch der Weltfinanzkrise ab 2007 gab es einen sprunghaften Anstieg der Staatsschuldenquote auf über 80 Prozent des BIP, die sich nur kurzfristig zum Ende der 2010er Jahre wieder etwas abflachte.
In diesem Policy Brief wird die Frage thematisiert, wie sehr staatliche Ausgaben zukunftsgerichtet sind. Im Fokus der Zukunftsquote stehen jene Politikfelder, deren langfristiger Nutzen in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend unstrittig ist. Dazu zählen vor allem Maßnahmen gegen den Klimawandel, Fortschritte in der frühkindlichen Bildung sowie Forschungsausgaben. Die Zukunftsquote berücksichtigt also nicht nur Investitionen im herkömmlichen Sinne, sondern geht der Frage nach, inwieweit staatliche Ausgaben einen Beitrag für eine wettbewerbsfähige und ökologisch nachhaltige Volkswirtschaft leisten, die der jungen Generation bestmögliche Arbeitsmarkt- und Entwicklungschancen bieten.
Auf Basis der Budgetdaten für die Jahre 2013 bis 2022 wird in diesem Policy Brief nach dem Vorbild des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW eine Zukunftsquote für den österreichischen Bundeshaushalt errechnet. Sie gibt an, welcher Prozentsatz des Bundesbudgets vor allem auf langfristige Politikziele, also auf zukunftsgerichtete Projekte, ausgerichtet ist, wodurch sie als Maßstab der Zukunftsorientierung des Staatshaushalts verstanden werden kann. Im Umkehrschluss macht sie transparent, welcher Budgetanteil durch Gegenwarts- oder Vergangenheitsorientierung gekennzeichnet ist.
Berechnet wurden zwei Varianten. Die weite Variante, die vom ZEW präferiert wird, ist weniger restriktiv, wertet also mehr Ausgaben als zukunftsgerichtet. In der engen Variante müssen mehr Kriterien erfüllt sein, damit ein Ausgabenposten berücksichtigt wird.
Die zentralen Ergebnisse: In der zweiten Variante liegt die Zukunftsquote heuer bei rund 19 Prozent. Nur jeder fünfte Euro an Staatsausgaben wird also für zukunftsorientierte Bereiche wie Klimaschutz, Elementarpädagogik oder Forschung ausgegeben. Das ist der niedrigste Werte im untersuchten Zeitraum (2013 bis 2022). In der engen Variante liegt die Zukunftsquote bei 12,4 Prozent.
Zahlen & Fakten
21%
ist Österreichs Schuldenquote 2023 gemäß engerer Variante
23,2 Mrd. €
für zukunftsgerichtete Ausgabenbereiche vorgesehen (2023)
100 Mio. €
für Ausbau von Kindergärten geplant
Empfehlungen
Kein "Koste es, was es wolle"-Prinzip mehr
..das kann und darf keine dauerhafte Budgetstrategie sein. Wenn öffentliche Gelder derart wenig zielgerichtet und überschießend vergeben werden, wie das laut Rechnungshof bei den Corona-Hilfen der Fall war, untergräbt das das Vertrauen der Bürger in den Staat.
Effizienter Einsatz von Steuergeldern
...die bisherigen Geldleistungen zur Inflationsbekämpfung seien „großzügig und nicht zielgerichtet“ (lt. IWF) und könnten die Teuerung sogar noch zusätzlich befeuern. Künftig sollten daher Entlastungsmaßnahmen nur mehr bedarfsorientiert erfolgen, „um eine effiziente Verwendung der öffentlichen Mittel“ zu fördern.
Zukunftsquote bei Budgetpolitik mitdenken
...die jeweils Regierenden könnten sich eine Zielmarke für zukunftsgerichtete Ausgaben setzen. Dadurch wird die Gegenwartsverzerrung („present bias“) in der Haushaltspolitik nicht zu stark.
Besseres Kindergartenangebot
...das kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Frauenerwerbsquote sowie generell die Karrierechancen von Frauen zu verbessern. Zudem kann ein starker, gut ausgebauter Sozialstaat nur erhalten werden, wenn alle Wachstumsmöglichkeiten bestmöglich genutzt werden.
Effektive Ausgabenbremse
...nicht zuletzt wegen der ehrgeizigen Emissionsreduktionsziele, die sich die EU-Staaten gesetzt haben, wird eine deutliche Steigerung an grünen Investitionen nötig sein. Eine effektive Ausgabenbremse nach schwedischem Vorbild könnte helfen, dieses Ziel zu erreichen.
Nachhaltige Fiskalregeln
...Wer seine Hausaufgaben in guten Zeiten erledigt, hat entsprechenden fiskalischen Spielraum für schlechtere konjunkturelle Zeiten. Fiskalregeln, die auch eingehalten werden, helfen dabei, die Folgen von Krisen deutlich abzumildern.