Die "strukturellen Maßnahmen", auf die Finanzminister Magnus Brunner in seiner ersten Budgetrede wiederholt hingewiesen hat, sind also nur sehr eingeschränkt vorhanden. Strukturell wirkt, wie erwähnt, die Abschaffung der kalten Progression. Ab 2023 werden also die Tarifstufen regelmäßig angepasst. Der Steuersatz von 20 Prozent wird beispielsweise ab dem kommenden Jahr nicht mehr ab 11.000 Euro Einkommen angewendet, sondern erst ab 11.693 Euro.
Auch Absetzbeträge und Sozialleistungen werden künftig indexiert, werden also an die Inflation angepasst – etwa der Verkehrsabsetzbetrag, die Negativsteuer, der Pensionistenabsetzbetrag, Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag.
Was hier strukturell schlagend wird, macht sich aber vorerst nur in Form von Steuerausfällen bzw. höheren Ausgaben bemerkbar. Der Effekt der kalten Progression wird vom Finanzministerium im mittelfristigen Strategiebericht bis 2026 mit kumuliert 18,7 Milliarden Euro beziffert. Die Indexierung der Sozialleistungen schlägt kumuliert mit weiteren 2,8 Milliarden Euro zu Buche.
Aber selbst hier muss betont werden, dass mit dem von der Regierung gewählten Modell bei Weitem nicht die ganze Inflation des Jahres 2022 abgegolten wird. Die von Türkis-Grün beschlossene Variante hat für heuer einen Inflationswert von nur 5,2 Prozent ergeben. Der Grund dafür: Es wird die durchschnittliche Inflation für den Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 hergenommen. Dieser Werte ist aber weit von der letzten Wifo-Prognose für das Gesamtjahr 2022 entfernt. Demnach dürfte die Inflation heuer 8,3 Prozent ausmachen.
Würde man diese 8,3 Prozent ersetzen, müsste die Entlastung also schon wieder deutlich höher ausfallen. Die folgende Grafik zeigt, wie groß die Unterschiede nach Einkommensdezilen wären. Im Schnitt müssten die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen bereits wieder um 180 Euro jährlich mehr bekommen. Berücksichtigt wurden bei diesen Entlastungswerten einerseits die Tarifsenkungen, die 2023 in Kraft treten (der dritte Steuersatz sinkt von 32,5 Prozent auf 30, der vierte von 42 auf 41 Prozent) und andererseits die indexierten Tarifeckwerte sowie die indexierten Sozialleistungen.