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2025: 30 Jahre EU-Beitritt und vieles mehr

Silvia Nadjivan
Silvia Nadjivan

Heuer ist das Jahr weltweiter Jubiläen. Allein Österreich begeht drei davon: 30 Jahre EU-Mitgliedschaft, 70 Jahre Staatsvertrag und 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs. Es gibt daher gute Gründe zur Freude, allerdings auch zu verstärkter Achtsamkeit.

Am 1. Jänner 1995 trat Österreich neben Finnland und Schweden der EU bei. Mit diesen Beitritten wuchs die supranationale Organisation von 12 auf 15 Mitgliedstaaten an. Ursprünglich hätte auch Norwegen der Union beitreten sollen, allerdings fiel die Volksabstimmung dort negativ aus. Ganz im Gegensatz zu Österreich, wo die eindeutige Mehrheit der Wahlberechtigten, 66,6 Prozent, für den Beitritt stimmte und so zum Erfolg einer mehrjährigen Vorbereitung führte: Im Juli 1989 stellte Österreich an die damalige Europäische Gemeinschaft (EG) das Beitrittsansuchen. Im Februar 1993 begannen die Beitrittsverhandlungen, die bereits im Folgejahr, im März 1994, abgeschlossen wurden. Im Juni 1994 folgte die durchwegs positive Volksabstimmung, die wiederum die Mitgliedschaft in der nun als Europäische Union umgeformten Gemeinschaft ab 1995 ermöglichte. Gewidmet hat sich diesem Jahrestag gleich zu Jahresbeginn die gemeinsame feierliche Videobotschaft „United in Diversity“ des Außenministers Alexander Schallenberg (derzeit interimistischer Bundeskanzler) und dessen Amtskolleginnen, der finnischen Außenministerin Elina Valtonen sowie der schwedischen Außenministerin Maria Malmer Stenergard.

Erfolgreiche Bilanz

Auch wenn sich immer Gründe zur Kritik an der EU finden, denkt in Österreich kaum jemand ernsthaft an einen „Öxit“. Das ergab eine vom Wirtschaftsmagazin Trend in Auftrag gegebene Market-Umfrage. Laut der Eurobarometer-Umfrage vom November 2024 ist das Vertrauen in die EU europaweit so hoch wie zuletzt im Jahr 2007, also noch vor den folgenden Krisen wie Eurokrise, Migrations(politik)krise, Corona-Krise, Energiekrise und Inflation infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. In Zeiten der Polykrise bzw. Permakrise stimmt das wirklich optimistisch.

Zu Recht sehen viele die EU als „Motor für Wohlstand und Sicherheit“. Denn die Erfolge der EU-Mitgliedschaft können sich durchwegs sehen lassen. So hat Österreich vom Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt eindeutig profitiert. Gemäß einer WIFO-Berechnung wäre der österreichische Außenhandel ohne einen derartigen Zugang nur halb so stark ausgeprägt. Beim Vergleich der jährlichen Netto-Beiträge pro Kopf und Renditen ergibt sich ein Verhältnis von 1:33, wie vom WIFO-Chef Gabriel Felbermayr berechnet.

All diese Zahlen verdeutlichen die Vorteile des freien Binnenmarkts, verbunden mit den vier Grundfreiheiten der EU: freier Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr. Was jetzt noch benötigt wird, ist die Bildungsfreiheit als fünfte Grundfreiheit, wie vom MEP und NEOS-Lab-Präsidenten Helmut Brandstätter gefordert. Damit wäre nicht nur der europäische Arbeitsmarkt, sondern auch der Bildungsraum freier. Allein die Erfolgsgeschichte von Erasmus und Erasmus+ verdeutlicht die Notwendigkeit einer verstärkten Mobilität und Austauschmöglichkeit innerhalb Europas. Und Bildung wie auch lebenslanges Lernen schützen letztlich vor Desinformation, Populismen und Propaganda, die schlimmstenfalls Kriege psychologisch vorbereiten und weiter anheizen.

Mahnung für die Zukunft

Die vielen Jahrestage sind aber auch eine Mahnung für die Zukunft. Allein den diesjährigen Europatag am 9. Mai wird man exakt 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs feiern, nach der bedingungslosen Kapitulation von Hitler-Deutschland am 8. Mai 1945. Der 80. Jahrestag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz war im Jänner ein europaweiter Gedenktag mit Gästen aus aller Welt. Der diesjährige österreichische Nationalfeiertag am 26. Oktober wird im Zeichen des 70-jährigen Bestehens des österreichischen Staatsvertrags stehen. Erinnert wird wieder an den Abzug der damaligen Alliierten nach einer zehnjährigen Besatzung im Jahr 1955, an die damit wiedererlangte staatliche Unabhängigkeit, unter Voraussetzung der per Verfassungsgesetz beschlossenen immerwährenden Neutralität. Der Ausruf „Nie wieder!“ zum Gedenken an die Befreiung des KZs Mauthausen und der Opfer des Nationalsozialismus hat leider schon letztes Jahr traurige Aktualität erlangt, und zwar mit dem wieder stark ansteigenden Antisemitismus in Europa und weltweit infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Gaza-Krieg.

Ebenso wie Frieden, liberale Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, so ist auch bei Erinnerungs- wie auch Gedenkkultur höchste Achtsamkeit geboten. Andernfalls ist man vor Geschichtsrevision nicht gefeit. Das zeigten die Polemiken rund um die nicht wie sonst üblich einstimmig verabschiedeten UN-Resolution zum Völkermord-Gedenktag in Srebrenica letztes Jahr in New York. Nach jahrzehntelangen Fehden zwischen der offiziellen serbischen, serbisch-bosnischen und bosniakischen Seite wird heuer der 11. Juli erstmals als international anerkannter Gedenktag der Opfer des Srebrenica-Genozids von 1995 begangen. Eine späte internationale Geste parallel zur autokratischen Täter-Opfer-Umkehr in der Republika Srpska und Serbien.

Der unbezahlbare Wert von Frieden und Freiheit

Umso mehr gilt es 2025, die europäischen Werte wie individuelle Freiheit, liberale Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Inneren zu stärken, nach außen zu tragen und auf dieser Grundlage internationale Verbündete zu finden. In Zeiten wachsender Populismen und Autoritarismen wie auch Konflikten und Kriegen erinnern all diese Gedenktage daran, welch unbezahlbarer Wert in einer pluralistischen, florierenden, friedlichen und sicheren Gesellschaft liegt. Das Friedensprojekt Europa wurde auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs geschaffen und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erweitert und vertieft. Jetzt liegt es an allen Mitgliedern, das gemeinsame Europa in den aktuell schwierigen Zeiten nicht nur zu schützen, sondern auch adäquat weiterzuentwickeln.

(Bild: MarkRubens/iStock)

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