

Kinderbildung ist die beste Investition
Die OECD liefert mit einem aktuellen Bericht wichtige Argumente für einen qualitätsvollen Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen. Denn frühkindliche Bildung wirkt sich nicht nur positiv auf das spätere Leistungspotenzial der Kinder aus, sie ist auch ein gutes Mittel für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Kinderbetreuung ist – zum Glück – in aller Munde. Egal ob in Debatten über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder in Sachen Geschlechtergleichstellung. Doch es gibt einige wenig beachtete Vorteile, die der Ausbau an qualitätsvollen Kinderbetreuungseinrichtungen – oder besser: Kinderbildungseinrichtungen – mit sich bringt. Dazu zählt einerseits die Tatsache, dass sich trotz der vergleichsweise hohen Kosten, die der strukturelle und personelle Ausbau der Kinderbetreuung mit sich bringen, der volkswirtschaftliche Nutzen überwiegt, wie Studien im Auftrag des NEOS Lab für mehrere Bundesländer gezeigt haben. Dazu zählt aber andererseits auch, worauf zuletzt unter anderem eine Studie der OECD hingewiesen hat, nämlich die Tatsache, dass frühkindliche Bildung nicht nur zu besseren schulischen Leistungen führt, sondern auch den größten Hebel darstellt, um Bildungsungerechtigkeiten zu reduzieren.
Welchen höchsten Bildungsabschluss man in Österreich erreicht, korreliert sehr stark mit dem Ausbildungshintergrund der Eltern. Zwar hat die Anzahl der Akademiker:innen in den letzten Jahren zugenommen, und auch die Bildungsmobilität ist – wie ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt – nicht so eingeschränkt, wie es manche Kommentator:innen vermuten lassen, doch stimmt es, dass es anderen Ländern besser gelingt, Kinder aus Nichtakademiker:innenfamilien an und durch eine Hochschule zu bringen. Doch sozioökonomische Benachteiligung, instabile Familienverhältnisse oder ein eingeschränkter Zugang zu Bildung und Betreuung können früh die Weichen für einen Lebensweg stellen, der von geringeren Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten geprägt ist. Lernrückstände, die in den ersten Jahren entstehen, lassen sich später oft nur schwer aufholen.
Ein zentraler Hebel, um diese Ungleichheiten abzubauen, ist die frühe Förderung durch Elementarpädagogik. Doch genau hier klafft eine Lücke: Besonders Kinder aus benachteiligten Familien nehmen seltener frühkindliche Bildungs- und Betreuungsangebote wahr. Laut OECD-Daten bestehen in vielen Ländern erhebliche Unterschiede in der Teilnahmequote von Kindern unter drei Jahren – in fast einem Drittel der untersuchten Staaten haben sich diese Ungleichheiten sogar bei den 3- bis 5-Jährigen verschärft. Und obwohl die Qualität der frühkindlichen Bildung in vielen OECD-Ländern insgesamt stabil ist, erhalten benachteiligte Kinder häufig Angebote von geringerer Qualität.
Gezielte, evidenzbasierte Maßnahmen in der frühkindlichen Bildung sind ein wesentlicher Hebel zur Verbesserung von Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Im Gegensatz zu späten Interventionen sind Investitionen in die Kleinkindbildung nicht nur wirksamer, sondern auch kosteneffizienter. Sie verhindern, dass Bildungslücken überhaupt erst entstehen, und reduzieren langfristig den Bedarf an teuren Fördermaßnahmen und sozialen Unterstützungsleistungen. Wer also Chancengerechtigkeit ernst nimmt, muss bei den Kleinsten anfangen.
Nutzen > Kosten
Trotz der Verbesserungen der letzten Jahre, wie etwa der 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die diesen mehr Mittel für den Ausbau der Elementarpädagogik bis 2026/27 zur Verfügung stellt, besteht in Österreich großer Aufholbedarf. Denn vergleicht man die Mittel, die die Bundesrepublik für die Gruppe der 0- bis 2-Jährigen aufwendet, zeigt sich, dass diese deutlich unter dem OECD-Schnitt liegen. Tatsächlich suggeriert ein Blick auf die Zahen, dass Österreich budgetär im Bildungsbereich bisher die falschen Prioritäten gesetzt hat, um Bildungs- und Leistungsgerechtigkeit sicherzustellen.
Während in jenen Ländern, die häufig als Vorbilder in Bildungsfragen genannt werden, nicht nur ein größerer Anteil der Staatsausgaben in die Bildung und Betreuung der 0- bis 2-Jährigen fließen, zeigt ein genauer Blick, dass manche von diesen – etwa Estland – sogar mehr in die Kleinstkindbetreuung investieren als in die 3- bis 5-Jährigen. Betrachtet man Investitionen in die 0- bis 5-Jährigen – also jenes Alter, in welchem elementarpädagogische Angebote in Anspruch genommen werden – zeigt sich, dass Island und Estland dort sogar mehr investieren als in die Gruppe der 6- bis 11-Jährigen und 12- bis 17-Jährigen.
In Österreich ist es genau umgekehrt: Je älter die Kinder, desto höher der Mitteleinsatz. Das Problem, auf das auch die OECD hinweist, ist jedoch, dass Maßnahmen zur Herstellung von Bildungsgerechtigkeit weniger effektiv sind, wenn sie spät in der Bildungslaufbahn erfolgen und dort auch besonders kostenintensiv sind.
Was man tun kann
Die OECD empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen, um die frühkindliche Bildung zu verbessern – auch in Österreich könnten diese zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen:
- Frühkindliche Bildung für alle zugänglich und leistbar machen: Finanzielle Unterstützung und der Ausbau von Betreuungsplätzen müssen gezielt dort ansetzen, wo der Bedarf am größten ist. Bürokratische Hürden bei der Anmeldung abbauen und Familien besser informieren, um den Zugang zu erleichtern.
- Qualitätsstandards verbessern und Vielfalt fördern: Lehrpläne sollten alle Aspekte der kindlichen Entwicklung abdecken und an verschiedene Betreuungseinrichtungen anpassbar sein. Dazu braucht es eine gezielte Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals und spezialisierte Fachkräfte für benachteiligte Kinder.
- Koordination von Bildung, Sozial- und Gesundheitsdiensten stärken: Frühkindliche Bildung sollte eng mit anderen sozialen und gesundheitlichen Angeboten verknüpft werden – von der Schwangerschaft bis zur Volksschule. Integrierte Servicezentren können den Zugang erleichtern und sicherstellen, dass Kinder durchgehend gefördert werden.
- Nachhaltige Finanzierung sicherstellen: Öffentliche Mittel sollten gezielt für Qualität und Chancengerechtigkeit eingesetzt werden – auch bei privaten Anbietern. Es braucht stabile Investitionen entlang der gesamten frühen Kindheit, um soziale Ungleichheiten wirksam zu reduzieren.
Auf diese Weise könnte Österreich nicht nur einen Beitrag leisten, um die Potenziale der in Österreich lebenden Kinder zur Entfaltung zu bringen, es wäre auch ein guter Beitrag, um die Alpenrepublik bildungsgerechter zu machen.
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