Zum Inhalt springen
Bitte geben Sie einen Suchbegriff ein.

Österreich setzt wieder auf Gas aus Russland

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Während die Bundesregierung zuletzt noch „große Schritte“ für die Unabhängigkeit von russischem Gas lobte, zeigen jüngste Daten: Österreich importierte im Dezember 2022 wieder mehr als 70 Prozent des Erdgases aus Russland und zahlte mehr als eine Milliarde Euro dafür.

Bild: Egor Filin, unsplash.com

Österreich fährt einen energiepolitischen Zickzack-Kurs. Feierte sich im Dezember die Bundesregierung noch dafür, dass die Abhängigkeit von russischem Gas reduziert wurde, kann sich Russland nun wieder auf Zahlungen in Milliardenhöhe aus Österreich freuen. Kanzler Nehammer möchte nicht vom bestehenden Vertrag der OMV mit der Gazprom abweichen, wie er am Freitag in der ZIB 2 bekräftigte. Das bedeutet: Österreich überweist Russland derzeit monatlich so viel für Gas wie der Ukraine insgesamt seit Kriegsbeginn an Unterstützungen (IfW Kiel).

Daten der E-Control für das Energie-Dashboard der Regierung zufolge hat Österreich im Dezember 2022 bereits wieder so viel Gas aus Russland importiert wie seit Juni 2022 nicht mehr. In absoluten Zahlen ist es freilich noch immer deutlich weniger als vor einem Jahr. 

3DB353AA-00DF-458D-B7E3-6FFD855A9C14

Aber die deutliche Steigerung der Importe fällt in eine Zeit, in der die EU-Länder insgesamt deutlich weniger Gas aus Russland beziehen. Europa hat noch nie so wenig Gas aus Russland bezogen wie in den vergangenen Wochen. So erhält Deutschland laut Angaben der Bundesnetzagentur keinerlei Importe mehr aus Russland.

In Österreich gibt die E-Control für den Monat Dezember an, dass die Importe aus Russland wieder deutlich zugelegt haben. Da insgesamt im Dezember 2022 jedoch deutlich weniger Gas importiert wurde, ist, in Relation, die Abhängigkeit der Gasimporte von russischem Gas damit auf 71 Prozent hochgeschnellt. Das ist der höchste Anteil für russische Gasimporte seit Mai 2022. Österreich wird mit dem russischen Gas immer mehr zum Sonderfall innerhalb der EU.

Folgen und Gründe der höheren Gasimporte aus Russland

„Wirklich frei sind wir erst, wenn wir ganz auf russisches Gas verzichten können“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Im November 2022 lobte sie noch in einer Aussendung den „großen Schritt“ in Richtung Unabhängigkeit von russischen Gasimporten (APA, News). Dass Österreich immer noch stärker als viele andere Länder auf russisches Gas angewiesen ist, hat mehrere Gründe:

  • Höhere Nachfrage
  • Stagnation bei der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien
  • Als Binnenland eingeschränkte Möglichkeiten für alternative Gasquellen

Der Gasverbrauch wurde im europäischen Vergleich jedenfalls wenig gesenkt. Während im EU-Schnitt der Gasverbrauch um rund 12 Prozent Gasverbrauch reduziert wurde, waren es in Österreich nur 8 Prozent, zeigt der Nachfrage-Tracker der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Auch eine laufende Analyse des WIFO zeigte, dass es zuletzt vor allem das milde Wetter war, das den Gasverbrauch in Österreich gedämpft hat.

Dass der Gasverbrauch in Österreich vergleichsweise wenig zurückgeht, liegt auch daran, dass die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien stagniert und daher auch im abgelaufenen Jahr die Stromerzeugung stärker auf Gas setzte. Vor wenigen Tagen wurden in ganz Europa neue Daten gefeiert, wonach erneuerbare Energien so viel zur Stromproduktion beigetragen haben wie noch nie. Doch in Österreich stagniert die Produktion Erneuerbarer Energien seit Jahren. Zuletzt hat vor allem die geringere Produktion aus Wasserkraft die Gesamtproduktion gedämpft. Österreich zählt zu einigen wenigen EU-Ländern, die 2022 weniger Strom aus erneuerbaren Energien produzierten als noch 2017 (Ember, 2023).

Diese Zahlen zeigen in jedem Fall, dass Österreich – trotz des brutal geführten Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine – die russische Kriegswirtschaft mit wichtigen Einnahmen unterstützt. „Jeder Euro der russischen Exporteinnahmen zählt: Er fließt direkt in die russische Kriegskasse“, wie der renommierte russisch-amerikanische Ökonom Oleg Itskhoki in seiner Analyse betont

Laut den Außenhandelsdaten der Statistik Austria hat Österreich im Oktober 2022 erstmals in seiner Geschichte in einem Monat mehr als eine Milliarde Euro für russisches Gas ausgegeben. Mit jeder Milliarde für russisches Erdgas stützt Österreich die russische Kriegswirtschaft. Zudem leidet die gesamte Volkswirtschaft, weil notwendige Importe von Energieprodukten aktuell so viel teurer sind. 2022 wird Österreich rund 20 Milliarden Euro für den Import von Rohstoffen und Energie ausgeben, 2020 waren es noch 7 Milliarden Euro. 

Österreich fährt aktuell einen energiepolitischen Zickzack-Kurs, indem Preissignale durch eine immer größere Vielzahl an Subventionen abgefedert werden, während gleichzeitig Marketingkampagnen für Einsparungen laufen. Dabei gibt es eine Reihe von Prioritäten, um sich von Russland unabhängiger zu machen: Die Politik muss Einsparungen zulassen und helfen, alternatives Angebot auszubauen. Stattdessen wenig treffsichere Hilfsmaßnahmen anzukündigen kostet die Steuerzahler Milliarden, heizt die Inflation an und hält Österreich in Abhängigkeit von Russland.

Das NEOS Lab hat im Vorjahr eine Prognose auf Basis der Futures-Daten angestellt und geschätzt, dass Österreich ohne Einsparungen bis zu zehn Milliarden Euro für russisches Gas ausgeben dürfte. Bis inkl. November 2022 wurden laut Außenhandelsstatistik bereits 6,9 Milliarden Euro für russisches Gas ausgegeben, was angesichts der deutlich gesunkenen Liefermengen im Sommer immer noch eine deutliche Steigerung darstellt.

Vielleicht interessieren dich auch diese Artikel

NEOS Lab Blog Wahlzuckerl-1600x899
24.04.2024Lukas Sustala2 Minuten

Teure Wahlzuckerl gefährden das Budget

Österreich steht finanziell schlechter da als budgetiert. Der Fiskalrat, unabhängige Aufsicht über die österreichischen Staatsfinanzen, warnt gerade nicht nur wegen höherer Staatsverschuldung, sondern auch vor teuren Wahlgeschenken. Er kritisiert, was in den letzten Jahren vor Wahlen zunehmend zur Normalität geworden ist: der Beschluss populärer "Wahlzuckerl"– Maßnahmen, die die Gunst einiger Wähler sichern sollen, jedoch langfristig das Budget und damit alle Steuerzahler belasten.

Teure Wahlzuckerl gefährden das Budget
20190308-Ausstellungseroeffnung Gleiche Rechte-JANTZEN DSC7924 8482788-3543x1992
08.04.2024Katharina Geissler2 Minuten

Mutmacherinnen I – Die Pionierinnen

Nach wie vor sind Frauen in der Politik wenig repräsentiert. Frauenpolitische Errungenschaften wurden mühsam erkämpft. Ein Blick in die Geschichte – und ein Ausblick in die Zukunft.

Mutmacherinnen I – Die Pionierinnen
Foto (210 von 214)-7463x4196
08.04.2024Katharina Geissler2 Minuten

Mutmacherinnen II – Ran an den Entscheidungstisch!

Zu wenige Frauen sitzen an den Entscheidungstischen des Landes. Das NEOS Lab will das ändern und hat daher das Mutmacherinnen-Programm ins Leben gerufen. Ein Rückblick.

Mutmacherinnen II – Ran an den Entscheidungstisch!

Melde dich für unseren Newsletter an!