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Kinderbetreuung: Der Standort bestimmt den Standpunkt

Clemens Ableidinger
Clemens Ableidinger

Ob es eine Kinderkrippe gibt, die mit einer Vollzeitarbeit der Eltern vereinbar ist, hängt sehr davon ab, wo man lebt. Das liegt auch daran, dass die Bundesländer die dafür vorgesehenen Mittel oft nicht abrufen.

Im September öffnen nicht nur die Schulen ihre Pforten, für viele Familien ist es auch der Beginn der Eingewöhnungsphase in elementaren Kinderbildungseinrichtungen. Ob es ausreichende Kinderbetreuung gibt, hängt sehr davon ab, wo man lebt.

Die gute Nachricht ist: In 5 von 9 Bundesländern steigt der Anteil der 0- bis 2-jährigen Kinder, die in VIF-konforme Kinderbetreuungseinrichtungen gehen – also solche, die mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Eltern vereinbar sind. Die schlechte Nachricht: In vier Bundesländern sinkt dieser Anteil leicht. Das hat mehrere Gründe: Erstens ist die Besuchsquote der 0- bis 2-Jährigen in allen Bundesländern gestiegen. (Die einzige Ausnahme ist Wien, wo die Besuchsquote der 0- bis 2-Jährigen leicht gefallen ist.)

Die Besuchsquote gibt an, welcher Anteil aller 0- bis 2-Jährigen überhaupt in einer elementaren Kinderbildungseinrichtung betreut werden. D.h. wenn sich der Kinderanteil in Kinderkrippen erhöht, die Anzahl an Kindern in VIF-konformen Kinderkrippen jedoch gleich bleibt, sinkt dieser Wert, obwohl strukturelle Verbesserungen stattgefunden haben können.

Der zweite Grund ist jedoch durchaus auf das politische Handeln der Landesregierungen zurückzuführen. Denn wie eine Beantwortung einer NEOS-Anfrage an den Bildungsminister ergeben hat, schöpfen bei weitem nicht alle Bundesländer alle Mittel aus, die ihnen in einer 15a-Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt werden.

Bundesländer rufen Mittel nicht ab

In der Steiermark stagniert der Anteil der 0- bis 2-Jährigen in VIF-konformen Einrichtungen seit 2020. Die Gesamt-Besuchsquote dieser Altersgruppe ist im selben Zeitraum um 3 Prozentpunkte gestiegen. (Bei den Kindergärten der 3- bis 5-Jährigen zeigt sich übrigens ein ganz ähnliches Bild). Wie eine NEOS-Anfrage an das Bildungsministerium ergeben hat, hat die Steiermark im letzten Kindergartenjahr (22/23) nur 42,92 Prozent der in der 15a-Vereinbarung für den Ausbau der Kinderbetreuung vorgesehenen Mittel ausgeschöpft. Sie zählt damit – nach Tirol (32,23 Prozent) – zu den österreichweiten Schlusslichtern beim Abrufen der vom Bund zur Verfügung gestellten Summen. Auch das ist kein Einzelfall. Schon im vorangegangenen Jahr gab es in der Steiermark einen Übertrag der nicht ausgeschöpften Mittel in das folgende Kindergartenjahr. Dies wird meist mit aufgeschobenen Bauprojekten und der schwierigen Personalsituation begründet.

Zum Vergleich: In Vorarlberg steigt der Anteil jener Kinder, die in VIF-konformen Kindergärten untergebracht sind, obwohl die Besuchsquote geringfügig auf das Vor-Corona-Niveau gestiegen ist. Ebenso verhält es sich bei den 0- bis 2-Jährigen. In Vorarlberg ist seit 2020 sowohl die Besuchsquote als auch der Anteil an VIF-konform betreuten Kindern gestiegen. Vorarlberg hat – anders als die Steiermark – auch die Mittel der 15a-Vereinbarung weitgehend (94,75 Prozent im Kindergartenjahr 22/23) ausgeschöpft und ist damit neben Wien österreichweiter Spitzenreiter. Stabiles Schlusslicht ist und bleibt Oberösterreich, wo nur 5 Prozent der 0- bis 2-Jährigen in eine vollzeitkompatible Kinderbildungseinrichtung gehen.

Warum sich der Ausbau der Kinderkrippen lohnt

Kinderbetreuungsplätze sind ein gutes Beispiel für eine Dienstleistung, wo die Nachfrage mit dem Angebot steigt. Ihre Errichtung straft damit die – oft von kleinen Landgemeinden vorgebrachte – Behauptung, dass die Eltern keinen Bedarf dafür haben, Lügen. Ihr Ausbau ist auch nicht nur mit volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Wie EcoAustria für Oberösterreich errechnet hat, kann qualitätsvolle Kinderbildung von großem volkswirtschaftlichem Nutzen sein, da die öffentliche Hand durch höhere Produktivität, höhere Steuereinnahmen und weniger Sozialausgaben am Ende des Tages sogar davon profitiert. Dass Kinder nachweislich sozial und kognitiv von einer qualitätsvollen Kinderbildung profitieren, ist mittlerweile ebenso gut belegt. Es würde sich für die Nachzügler unter den Bundesländern daher sehr lohnen, ihren Standpunkt zu verändern, und sei es nur als Beitrag zu einer Verbesserung ihres (Wirtschafts-)Standorts.

(Bild: Firefly KI)

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