Ein Policy Brief von Dieter Feierabend
Viele Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sich das mentale Wohlbefinden während der Pandemie teils massiv verschlechtert hat. Informationen über die Qualität und die Ergebnisse der psychischen Versorgung in ganz Europa sind auch nach drei „Corona-Jahren“ unzureichend.
Die Studie im Überblick
Psychische Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Erkrankungen und Symptomen und ein zentraler Bestandteil eines guten und gesunden Lebens. Die COVID-19-Pandemie wirkt sich stark auf die psychische Gesundheit der österreichischen Bevölkerung aus. Österreich weist eine Unterversorgung im Bereich der psychischen Gesundheit auf. Probleme wie Stigmata, Vorurteile bzw. geringes Wissen über psychische Gesundheit sowie oftmals fehlende oder schlechte Daten verschärfen die strukturellen Defizite.
Bei der psychischen Gesundheitsversorgung, besonders für Kinder und Jugendliche, bestanden in Österreich bereits vor der Pandemie große Defizite. Um gegenzusteuern, muss dringend die Gesundheitsinfrastruktur ausgebaut werden. Neben der Behandlung gilt es vor allem auf Prävention zu setzen.
Die österreichische Datenlage basiert oftmals auf unregelmäßigen Erhebungen, vereinzelten Schätzungen zur Prävalenz von psychischen Erkrankungen oder rudimentären Daten über die psychische Gesundheitsversorgung. Die wenigen Daten, die es gibt, zeichnen ein überwiegend düsteres Bild: Eine im Sommer veröffentlichte Studie über die psychische Gesundheit der österreichischen Schüler:innen ergab beispielsweise, dass 62% der Mädchen und 38% der Jungen depressive Symptomatik aufweisen. Im Freiheitsindex, den das NEOS Lab in Zusammenarbeit mit SORA erstellt hat, zeigt sich, dass psychische Gesundheitsprobleme bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichen. Österreich kann hier von anderen Ländern lernen, beispielsweise Frankreich. Zu Beginn der COVID-19- Pandemie startete das Santé Publique France eine Panelstudie*): Mit dem Ziel, in regelmäßigen Abständen Aussagen über den psychischen Gesundheitszustand der französischen Bevölkerung zu treffen. Hierbei werden unter anderem Indikatoren für Depressionen oder Angststörungen erhoben. Nach knapp drei Jahren gibt es Ergebnisse, die auch für die österreichische Gesundheitsversorgung von Relevanz sind.
Zahlen & Fakten
62 %
der Mädchen an österreichischen Schulen weisen depressive Symptome auf
40 %
Anstieg an Suizidgedanken der österreichischen Bevölkerung
jede 6. Person
in der EU hat eine psychische Erkrankung
Empfehlungen
Sofortpaket Psychische Gesundheit schnüren
Die Aufstockung der Kontingente für Psychotherapie und der „Pakt gegen Einsamkeit“ sind ein erster Schritt, jedoch müssen umfassendere Lösungen zeitnah entwickelt werden.
Psychische Gesundheit verstärkt mitdenken
Es müssen verstärkt Empfehlungen erarbeitet werden, die es der Bevölkerung erlauben, ihre (psychosozialen) Bedürfnisse zu decken und gleichzeitig ihre Kontakte einzuschränken.
Ziele setzen, Indikatoren entwickeln, Datenlage verbessern
Es gibt für die Wirkungsziele keine Zielvorgaben, Indikatoren für diese sind oftmals nicht ausreichend, und die Datenqualität ist mangelhaft. Ebenso fehlt eine aktuelle Prävalenzerhebung für psychische Erkrankungen und eine darauf aufbauende Analyse des gedeckten Bedarfs.
Gesundheitsinfrastruktur ausbauen
Auf Bundesebene ist eine Kassenregelung für Psychotherapie auf Krankenschein oberste Priorität. Ein Ausbau von niedergelassenen Angeboten muss forciert werden, insbesondere in ländlichen Regionen.
Maßnahmen im Lebensumfeld setzen
Daher müssen niederschwellige Angebote und Infrastruktur, insbesondere im Schulumfeld, an Arbeitsstätten und dem AMS ausgebaut werden. Ebenso ist die Vernetzung zu sozialen Dienstleistern zu verbessen.
Psychische Gesundheit im Fokus
Anlässlich der „Self Care Week“ 2021 legte unser wissenschaftlicher Leiter Dieter Feierabend einen besonderen Blick auf das Thema psychische Gesundheit. Was es jetzt dringend braucht: