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Sechs außergewöhnliche Entwicklungen im Budget 2022

Lukas Sustala
Lukas Sustala

Die Steuereinnahmen sind im Jahr 2022 stark gestiegen, ebenso die Ausgaben des Staates. Bei Analyse der Budgetdaten haben Lukas Sustala und Günther Oswald sechs außergewöhnliche Entwicklungen festgestellt.

Photo by Alyona Milch, unsplash.com

Während neue milliardenschwere Energiehilfen beschlossen wurden, hat das Finanzministerium die finalen Budgetdaten für das Jahr 2022 vorgelegt. Die Steuereinnahmen sind um fast 10 Prozent auf 105,2 Milliarden Euro gestiegen. Die Auszahlungen des Staates sind – nicht zuletzt wegen neuerlicher gigantischer Hilfspakete und des Ankaufs einer strategischen Gasreserve (fast 4 Milliarden Euro) mittlerweile auf 111,4 Milliarden Euro geklettert und lagen damit um satte 32,5 Milliarden Euro höher als vor der Pandemie im Jahr 2019.

Das Neos Lab hat sich den Budgetbericht des Finanzressorts näher angesehen und gibt einen Überblick über die zentralen Entwicklungen auf Einnahmen- und Ausgabenseite in den vergangenen Jahren.

1. Trotz Steuerreformen sind die Steuereinnahmen des Staates seit 2019 stärker gestiegen als die Inflation

An steuerlichen Einzelmaßnahmen gab es in den vergangenen Jahren wahrlich keinen Mangel. Zu Beginn der Pandemie wurde der Eingangssteuersatz rückwirkend ab 2020 von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Zugleich wurde die Negativsteuer von 300 auf 400 Euro angehoben. Im Vorjahr ist dann die nächste Etappe der Steuerreform in Kraft getreten. Die zweite Steuerstufe wurde von 35 auf 32,5 Prozent gesenkt. Der Familienbonus wurde von 1.500 auf 2.000 Euro angehoben. Dazu kommen die Erhöhung des Kindermehrbetrags, steuerfreie Mitarbeiterbeteiligung, aber auch Steuererhöhungen wie die CO2-Bepreisung, die Anpassung der Normverbrauchsabgabe und vieles mehr.

Unterm Strich haben all diese Maßnahmen allerdings nicht dazu geführt, dass die Einnahmen des Finanzministers weniger stark als die Inflation gestiegen sind. Die gesamten Steuereinnahmen lagen im Jahr 2022 bei 105,2 Milliarden Euro und somit um 15,7 Prozent über dem Vorkrisenjahr 2019. Die Teuerung betrug zwischen 2019 und 2022 13,1 Prozent. Das reale BIP lag Ende 2022 überhaupt nur um magere 2,4 Prozent über dem Niveau des Jahres 2019.

2. Die Umsatzsteuer ist der größte Umsatzbringer des Finanzministers

Knapp zwei Drittel aller Einnahmen gehen auf nur zwei Steuern zurück – die Lohnsteuer und die Umsatzsteuer. Während die Einnahmen aus der Lohnsteuer dank der erwähnten steuerlichen Entlastungsmaßnahmen immerhin etwas schwächer als die Inflation gewachsen sind, ist die Umsatzsteuer wahrlich zum Umsatzbringer des Finanzministers geworden.

Nachgeholter Konsum in Kombination mit Milliarden an Helikoptergeld und teuerungsbedingten Preissteigerungen haben dazu geführt, dass die Einnahmen aus der Umsatzsteuer zuletzt um fast ein Viertel höher lagen als im Jahr 2019. Insgesamt hat die Umsatzsteuer dem Finanzminister im Vorjahr 35,4 Milliarden Euro eingebracht.

3. Länder und Gemeinden sind Krisengewinner

Die Verhandlungen um einen neuen Finanzausgleich, der die Aufteilung des Steuerkuchens neu regeln soll, haben gerade erst begonnen. Wie üblich bei solchen Gesprächen haben Länder und Gemeinden im Vorfeld aber bereits deponiert, dass sie künftig deutlich mehr Mittel wollen.

Die Mechanismen des aktuellen Finanzausgleichs sowie zusätzliche Unterstützungspakete des Bundes haben allerdings bereits in den vergangen Jahren dazu geführt, dass die Einnahmen der Länder und Gemeinden deutlich gestiegen sind. Die Überweisungen an die Länder lagen im Vorjahr mit 23,3 Milliarden Euro um 20,4 Prozent über dem Jahr 2019. Jene der Gemeinden sind sogar um 22,2 Prozent auf zuletzt 13,5 Milliarden Euro gestiegen.

Reformen, die bei den letzten Finanzausgleichsverhandlungen 2017 vereinbart wurden, sind hingegen nie passiert. So wurde damals eine stärkere Aufgabenorientierung vereinbart. Mittel für Kindergärten hätten nur anhand klarer Faktoren vergeben werden sollen, später sollte das Projekt auf Pflichtschulen ausgeweitet werden. Weil sich Bund und Länder bei der Umsetzung aber nicht einigen konnten, wurde ein entsprechender Passus einfach nachträglich aus der Vereinbarung gestrichen. Auch zur Grundsteuerreform wurde eine Arbeitsgruppe vereinbart, die nie etwas Substanzielles zustande brachte. Selbiges gilt für die Arbeitsgruppe „Abgabenautonomie“.

4. Kurzarbeit trotz massiven Fachkräftemangels

So absurd es klingen mag, aber in einem Jahr, das extrem stark vom Fachkräftemangel in beinahe allen Branchen gekennzeichnet war und in dem es ein sehr solides Wirtschaftswachstum gab (+4,7 Prozent), gab der Bund noch immer 657 Millionen Euro für die Finanzierung der Corona-Kurzarbeit aus, allein 39 Millionen Euro für einen Langzeit-Kurzarbeitsbonus. Die tatsächlichen Kosten für Kurzarbeit liegen sogar noch etwas höher, weil das Finanzministerium das seit dem Sommer 2022 angewendete Modell (Phase 6) als „Übergang zu einem regulären Kurzarbeitsmodell in einer Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit“ bewertet und daher nicht mehr im Rahmen der Covid-19-Sonderberichterstattung ausweist.

Im Vergleich zum Höhepunkt der Corona-Kurzarbeit (2020 wurden dafür 5,5 Milliarden ausgegeben, 2021 rund 3,7 Milliarden) sind die Ausgaben im Vorjahr zwar massiv gesunken, angesichts des wirtschaftlichen Umfelds sind sie aber immer noch bemerkenswert hoch. Zum Vergleich: Während der Weltwirtschaftskrise 2009, die in Österreich zu einem Schrumpfen der Wirtschaft um 3,8 Prozent geführt hat, wurden gerade einmal 113,5 Millionen Euro für Kurzarbeit ausbezahlt.

Kurzarbeit ist also ein sehr gutes Beispiel dafür, wie schwer es dem Staat fällt, einmal angefangene Hilfspakete rasch wieder herunterzufahren.

COVID-19-Krisenbewältigung im Überblick: Kurzarbeit (2022 inkl. Langzeit-Kurzarbeitsbonus: 2020: 5489,2; 2021: 2702,5; 2022: 657,0

5. Die Pensionsausgaben steigen sicher

Im Schatten der vielen Corona- und Energiehilfspakete sind auch die Ausgaben für die Pensionen ordentlich nach oben geschossen. Außertourliche Pensionserhöhungen in Kombination mit einem noch immer niedrigen Pensionsantrittsalter haben den Zuschuss zur Pensionsversicherung innerhalb von nur drei Jahren um knapp 2,7 Milliarden Euro anwachsen lassen. Das entspricht einem Plus von rund 27 Prozent. Inklusive der Beamtenpensionen, die im Vorjahr weitere 10,7 Milliarden Euro gekostet haben, kostet die Finanzierung bzw. Bezuschussung des österreichischen Pensionssystems mittlerweile 23,4 Milliarden Euro.

Wesentlich mehr wurde medial nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine über das Heeresbudget diskutiert bzw. dessen Aufstockung. Bis jetzt ist freilich wenig davon zu sehen. Im Vorjahr wurden für militärische Angelegenheiten ziemlich genau 2,7 Milliarden Euro ausgegeben, womit das Militärbudget nur minimal stärker als die Teuerung gestiegen ist (plus 16,6 Prozent seit 2019), im Vergleich zum Jahr 2021 ist das Heeresbudget sogar gesunken.

Keine großen Sprünge gibt es auch beim Bildungsbudget. Inflationsbereinigt gibt es sogar eine leichte reale Kürzung (plus 12,2 Prozent bei einer Inflation von 13,1 Prozent). Die Budgets für Universitäten und Familien und Jugend sind real ganz leicht gestiegen, aber ebenfalls weniger stark als die Pensionen.

Der Blick auf die absoluten Beträge macht noch deutlicher klar, wo die Schwerpunkte der Politik liegen – und wo nicht.

6. Die Zinswende hat begonnen, der Schuldenabbau nicht

Die Zinswende ist im Budget 2022 voll angekommen. Die Ausgaben für die neue Verschuldung zu höheren Zinsen haben im vergangenen Jahren zu Mehrkosten von 2,8 Milliarden Euro geführt. Damit endet erstmals seit eineinhalb Jahrzehnten der Rückenwind der extrem lockeren Geldpolitik für den Finanzminister Österreichs. Bei einer anhaltenden Zinswende drohen auch in Österreich die Kosten für die Staatsverschuldung wieder auf deutlich über 2 Prozent des BIP zu steigen, wie eine aktuelle Studie von NEOS Lab und dem European Liberal Forum zeigt. 

Während die Zinswende begonnen hat, hat der Schuldenabbau noch keine Fortschritte gemacht. Die Neuverschuldung im Budgetjahr 2022 war trotz hoher Einnahmen mit 20,8 Milliarden Euro sehr hoch. Diese Neuverschuldung wird angesichts stark steigender Zinsen in den kommenden Jahren die Budgetspielräume weiter eineingen.

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