Langfristige Budgetprognose 2022 - Bericht der Bundesregierung gemäß § 15 Abs. 2 BHG 2013.
Wie Europa von den Schulden runterkommt
Zukunftsquote für Österreich
Die jüngst veröffentlichte Budgetprognose des Bundesministeriums für Finanzen zeigt eine massive Verschlechterung der langfristigen Budgetsituation Österreichs an. Statt langfristig sinkender Verschuldungsquoten wird nun mit einer langfristig stark steigenden Verschuldung auf mehr als 120 Prozent des BIP gerechnet.
Stark gestiegene Zinsen und hohe Kosten des demografischen Wandels werden trotz einer anhaltend hohen Steuerlast die Schulden in Österreich in den nächsten Jahrzehnten stark steigen lassen. Das ist das Ergebnis der langfristigen Budgetprognose, die noch vor Weihnachten veröffentlicht wurde. Der langfristig erwartete Schuldenstand hat sich seit der vergangenen Prognose 2019 annähernd verdoppelt, wie unsere Grafik zeigt.
Die dramatische langfristige Verschlechterung der öffentlichen Haushaltslage Österreichs wird getrieben von zwei Gründen: Erstens das Ende des Niedrigzinsumfelds und zweitens das Fehlen von Reformen, um das Wachstum der Ausgaben durch den demografischen Wandel zumindest etwas zu dämpfen. So steigen die Zinskosten in der neuen Prognose von rund 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 2,8 Prozent 2040 und 4,7 Prozent 2060. Und die demografieabhängigen Ausgaben (Pensionen, Gesundheit, Pflege) steigen von rund 23% des BIP auf 25,5% 2040 und 26,7% 2060.
In Österreich heißt es bei der Debatte um den demografischen Wandel gerne „Die Pensionen sind sicher“. Doch wie etwa Hannes Androsch schon vor Jahren bemerkt hat, heißt Reformresistenz vor allem, dass dann das Budget – und eben viele andere Bereiche – alles andere als sicher sind (SN).
Nun sind derart langfristige Prognosen natürlich mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Doch sie zeigen, dass natürlich Reformen nötig wären, um den Haushalt langfristig zu stabilisieren und um die Steuerzahler zu entlasten. Dafür braucht es etwa eine Erhöhung des tatsächlichen Pensionsantrittsalter. Will man Spielräume für Zukunftsinvestitionen oder Steuersenkungen zu haben, müsste die Politik die Zinswende an den Kapitalmärkten zum Anlass nehmen für strukturelle Reformen.
Für all jene, die glauben, man müsse sich aktuell nicht mehr fragen, woher jenes Steuergeld kommt, das in immer neue Gießkannen-Förderungen oder bestehende teure Strukturen fließt, ist die Prognose des BMF gewissermaßen ein "Reality Check". Denn von einer strukturellen Entlastung geht auch die BMF-Prognose nicht aus: Langfristig wird die Steuer- und Abgabenquote mit ±50% des BIP erwartet.
Wie sich die Zinswende auf die Staatsfinanzen auswirkt und mit welchen unterschiedlichen Strategien die europäischen Staaten langfristig von den Schulden herunterkommen können, haben wir in unserer Studie "Wie Europa von den Schulden runterkommt" analysiert. Um die Schuldenquote langfristig zu stabilisieren oder zu senken sind - mit Blick auf internationale Vorbilder wie Schweden - Reformen auf der Ausgabenseite besonders wichtig. Denn wie auch die Einschätzung des BMF zeigt, hat Österreich ein strukturelles Ausgabenproblem. Zudem braucht Österreich budgetäre Spielräume für Zukunftsinvestitionen. Die Zukunftsquote, die wir 2022 erstmals für Österreich errechnet haben, zeigt an, dass nur ein kleiner Teil des Budgets in zukunftsgerichtete Ausgaben und Investitionen fließt.
Bildung oder Klimaschutz kommen auch im Budget 2023 zu kurz
Nach Vorbild einer Studie des deutschen Instituts ZEW hat das Neos Lab einen neuen Budgetindikator berechnet: die Zukunftsquote. Mit 21 Prozent liegt der Wert für das Budget 2023 noch immer leicht unter Vorkrisenniveau. Ausgaben nach dem Prinzip Gießkanne sollten daher der Vergangenheit angehören. Photo: © Pexels /Monstera
Eine Analyse zum Budget 2023
Von Steuern bis Pensionen. Was im Budget 2023 vorgesehen ist. Von Günther Oswald und Lukas Sustala. Foto von Pixabay via Pexels.
79 Milliarden Euro mehr Schulden als erlaubt
Das Budget 2023 ist seit Donnerstag beschlossene Sache. Von Budgetkonsolidierung ist allerdings vorerst wenig zu sehen. Hätte Österreich in der Vergangenheit die Maastricht-Kriterien ernst genommen, wäre der Schuldenberg um 79 Milliarden Euro kleiner. EU-weit hat die Zinswende bereits zu Mehrkosten von 110 Milliarden Euro geführt. Von Günther Oswald Foto: Goran Grudić via Pexels .